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Anhang.

I. Über den persischen Kalender.

Wir stellen die folgenden Notizen nach den Ausgaben von 1823 ( Collin de Plancy), 1837 ( Panthéon littéraire), 1854 ( Didot Frères) und 1873 ( André Lefèvre) zusammen. Die betreffenden Angaben bei dem letztgenannten wurden von Marcel Devic, dem französischen Übersetzer des aus dem zwölften Jahrhundert stammenden arabischen Heldenbuches »Antara«, beigetragen.

Die alten Perser hatten ein Sonnenjahr von zwölf Monaten; aber dieser Nationalkalender wurde mit dem Siege des Islam durch den arabischen verdrängt. Der in den »Persischen Briefen« angewandte ist daher der arabische Kalender.

Das Jahr der Araber ist ein Mondjahr ohne Schaltmonate und wird in zwölf Monde von 29 oder 30 Tagen eingeteilt. Demnach stimmt dies Jahr mit dem des julianischen und des gregorianischen Kalenders nicht überein, sondern die Araber sind uns in ihrer Rechnung mit jedem Jahre um elf bis zwölf Tage weiter voraus, und ein arabischer oder persischer Monat fällt mithin nach und nach in den Dezember, in den November und in alle übrigen Monate unseres Kalenders. So entsteht im Laufe eines Jahrhunderts ein Unterschied von etwa drei Jahren.

Folgendes sind die Namen der arabischen Monde:

  1. Moharrem (hier Maharram) der heilige Monat. In ihm werden hauptsächlich die ländlichen Geschäfte verrichtet, während alle Feindseligkeiten ruhen.
  2. Safar (hier Saphar), Kriegsmonat.
  3. Rebi prior (Rabyi-el-Awel, hier erster Rebiab), erster Monat des Wiedergrünwerdens der Felder.
  4. Rebi posterior (Rabyi-el-Thany, hier zweiter Rebiab), zweiter Monat des Wiedergrünwerdens der Felder.
  5. Djoumâda prior (Djoumadh-el-Awel, hier erster Gemmadi), erster Frostmonat.
  6. Djoumâda posterior (Djoumady-el-Thanyh, hier zweiter Gemmadi), zweiter Frostmonat.
  7. Redjeb (hier Rhegeb), Fastmonat.
  8. Cha'ban (hier Chahban), Monat der Zerstreuung, während dessen die nomadisierenden Araber in die Weite ziehen, um neues Weideland zu finden.
  9. Ramadhan (hier Ramazan), Segensmonat, Zeit des Fastens und der Enthaltsamkeit für alle Muhamedaner.
  10. Cheoual (hier Chalval), Begattungszeit der Kameele.
  11. Dhou'l-qa'da (von den Persern Zou'l-qade ausgesprochen, hier Zilkadeh), zweiter heiliger Monat.
  12. Dhou'l-hidja (von den Perseru Zou'l-hidje ausgesprochen, hier Zilhageh), Monat des Aufbruchs der Pilger.

Dies Jahr ist in vier Jahreszeiten eingeteilt, in folgender Ordnung: Sommer, erster Frühling, Winter, zweiter Frühling.

Über die muhamedanische Zeitrechnung oder die Hegira vergl. die Anmerkung zum ersten Briefe.


II. Die persische Nationaltracht.

Als ein thatsächliches Seitenstück zum dreißigsten Briefe ist der folgende Bericht von Interesse, den das »Journal des Luxus und der Moden«, herausgegeben von Carl Bertuch, im 22. Bande, Weimar 1807, über die Anwesenheit eines persischen Gesandten in Wien aufbewahrt hat:

»Myrza-Rhyza-Han (so hieß der Bothschafter) ist ein Mann von etwa 45 Jahren, von braunem Angesicht, feurigem Auge und schlankem Wuchs. Seine Kleidung kommt fast ganz mit der türkischen überein. Um den Kopf trägt er als Turban einen Shawl, am Leibe eine Tunika von reichem oder seidenem Zeuche, die auch durch einen Shawl um die Lenden zusammengehalten wird, und darüber einen Pelz; die Strümpfe sind nach Art der chinesischen Teppiche, bunt gestreift, und seine Pantoffeln von blauem oder gelbem Leder haben einen hohen, spitzigen Absatz, so wie er noch vor zehn Jahren bei unsern meisten Damen Mode war. Die Haupthaare sind rasiert, der kohlschwarze Bart am Kinn wird täglich gekräuselt, und die Nägel der Finger sind roth gefärbt. Die Dolmetscher müssen ihm überall auf dem Fuße nachfolgen, indem er nur Persisch, Arabisch und Türkisch spricht. Er besuchte die hiesigen Theater und was Wien sonst an Merkwürdigkeiten darbietet, und anstatt neue Gegenstände stumpf anzustaunen, ließ er sich dieselben sorgfältig erklären. Die perspektivischen Dekorationen in den Theatern fielen ihm besonders auf, und er überzeugte sich von dem optischen Betruge durch das Betasten der Koulissen. Man zeigte ihm auf der kaiserlichen Bibliothek persische Manuskripte und einen Koran, den er sogleich ehrerbietig küßte und an die Augen hielt. Der französische Bothschafter gab ihm in seinem Palaste eine schöne Fete, wozu die Erzherzoge und alle Herren und Damen vom ersten Adel gebeten waren. Sie begann mit einem Koncerte – –; nachher tanzten Herr und Madame Corally ein kleines, zu diesem Zweck veranstaltetes Ballet. Letzteres schien den persischen Bothschafter zu ergötzen; aber die Musik war seinem an ganz einfache Accorde gewöhnten Ohr zu fremd. Es fiel ihm auch auf, daß unverheurathete Frauenzimmer sich in vermischter Gesellschaft mit Männern befänden, und als man ihn fragte, welche von den Damen ihm am besten gefiele, so wich er einer bestimmten Erklärung durch die Antwort aus: »sein Urteil würde doch keiner von ihnen schmeichelhaft seyn, und er liefe dadurch nur Gefahr, sich einer Unhöflichkeit schuldig zu machen.« Er gieng während des Festes ohne Schuh oder Pantoffeln in bloßen Strümpfen herum; von dieser, bei den Orientalen üblichen Attention finden sich die Spuren schon im höchsten Alterthume. An Materialien zu einem neuen Bande von Lettres Persanes kann es dem Bothschafter auf seinem weiten Zuge von Ispahan nach Warschau nicht fehlen, und wenn er bei uns einen eben so geschickten Dollmetscher findet, als einst Usbek in Frankreich, so wäre seines Namens Ruhm auf lange Jahre gesichert.«


Ende.

 


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