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Hundertunddreiundvierzigster Brief.
Rica an Nathaniel Levi, jüdischen Arzt in Livorno.

Du wünschest von mir zu wissen, was ich über die Kraft der Amulette und über die Wirkung der Talismane denke. Warum richtest Du diese Frage an mich? Du bist ein Jude, und ich bin ein Muhamedaner, mit andren Worten, wir sind alle beide sehr leichtgläubig.

Ich führe jederzeit über zweitausend Sprüche aus dem heiligen Koran bei mir; um meinen Arm ist eine kleine Rolle gewunden, auf der die Namen von mehr als zweihundert Derwischen geschrieben stehen; und die Namen Alis, Fatimes und aller Reinen sind an mehr als zwanzig Stellen meiner Kleider verborgen.

Ich weiß indessen die Meinung derer zu würdigen, welche die Kraft leugnen, die man gewissen Worten zuschreibt. Es ist für uns weit schwieriger, ihre Einwürfe zu beantworten, als es für sie ist, unsere Erfahrung zu bestreiten.

Ich schleppe alle diese heiligen Lappen aus alter Gewohnheit mit mir herum, um von einer allgemeinen Sitte nicht abzuweichen. Steckt in ihnen nicht mehr Kraft als in den Ringen und anderen Zierraten, mit denen man sich schmückt, so denke ich doch, daß die ihrige wenigstens nicht geringer ist. Du hingegen setzest Dein ganzes Vertrauen in einige geheimnisvolle Buchstaben, und ohne ihren schützenden Einfluß würdest Du in beständiger Furcht sein.

Die Menschen sind gar übel daran! Unaufhörlich sind sie zwischen trügerischen Hoffnungen und lächerlichen Beängstigungen hin und her getrieben, und, anstatt sich auf die feste Grundlage der Vernunft zu stellen, schaffen sie sich Ungetüme, die sie in Schrecken versetzen, oder Wahngebilde, die sie verführen. Diese Polemik ist natürlich gegen den Wunderglauben und den Reliquiendienst der katholischen Kirche gerichtet; denn der Fetischismus war in letzterer mit dem Mittelalter nicht ausgestorben, und wohl heut noch ist diese alte Erbschaft der Wilden nicht verschwunden.

Welche Wirkung soll denn die Anordnung gewisser Schriftzeichen hervorbringen? Welche Wirkung könnte durch ihre veränderte Zusammenstellung gehindert werden? In welcher Beziehung stehen sie zu den Winden, daß sie die Stürme zu beschwichtigen vermögen? Oder zu dem Schußpulver, um dessen Gewalt zu überkommen? Oder endlich zu dem, was die Ärzte die materia peccans nennen, zu den Ursachen der Krankheiten, um dieselben zu heilen?

Das Seltsame bei der Sache ist, daß diejenigen, welche ihren Verstand anstrengen, um zwischen gewissen Ereignissen und gewissen verborgenen Kräften eine Beziehung aufzufinden, keiner geringeren Geistesanstrengung bedürfen, um sich die wirkliche Ursache davon zu verbergen.

Du wirst mir sagen, daß sich gewisse Zaubermittel in manchen Schlachten bewährt haben, indem durch ihre Hilfe der Sieg erfochten sei. Aber ich antworte Dir, daß Du Dich verblenden mußt, um in der Beschaffenheit des Terrains, in der Menge oder dem Mute der Soldaten, in der Erfahrung der Anführer keine hinreichenden Ursachen jener Wirkung zu erblicken, deren Ursache Du Dir verhehlst.

Ich will das Dasein von Zauberkräften einen Augenblick zugeben; räume Du mir dagegen einen Augenblick ein, daß es keine giebt; denn dieser Fall ist nicht unmöglich. Dein Zugeständnis verhindert nicht, daß zwei Heere sich eine Schlacht liefern können; meinst Du nun, daß unter diesen Umständen keins von beiden den Sieg davonzutragen vermöge?

Glaubst Du, daß ihr Los so lange unentschieden bleiben wird, bis irgend eine unsichtbare Macht den Ausschlag giebt? Sollen alle Streiche verloren, jede Kriegslist eitel, aller Mut nutzlos sein?

Soll nicht der Tod, dessen Bild sich in solchen Fällen in tausendfacher Gestalt erhebt, die Geister mit jener panischen Furcht erfüllen können, die Du Dir so schwer zu erklären weißt? Oder sollte es in einem Heere von hunderttausend Mann keinen einzigen Feigling geben können? Glaubst Du, daß die Mutlosigkeit dieses einen nicht auch einen anderen zu entmutigen vermag? Könnte nicht der Zweite, der einen Dritten fliehend verläßt, diesen veranlassen, auch von einem Vierten davonzulaufen? Und weiter bedarf es nichts, um zu bewirken, daß plötzlich eine ganze Armee am Siege verzweifle, ja um so eher daran verzweifle, je zahlreicher sie ist.

Jedermann weiß, und jedermann empfindet, daß die Menschen gleich allen Geschöpfen, die ihr Dasein zu erhalten suchen, von leidenschaftlicher Liebe zum Leben erfüllt sind. Aber wenn man weiß, daß dies ein allgemeines Gesetz ist, braucht man dann noch zu fragen, warum sie in bestimmten besonderen Fällen es zu verlieren fürchten?

Obwohl die heiligen Bücher aller Nationen voll von Beispielen solches panischen oder übernatürlichen Schreckens In einem panischen Schrecken soll z. B. das Heer der Perser bei Marathon und bei Salamis geflohen sein, und zum Andenken daran wurde in Athen am Burgfelsen dem Hirtengotte die Pans-Grotte geheiligt; denn er galt dem Altertum als Urheber des plötzlichen, unerklärlichen Schreckens, der die Geschöpfe mitunter ergreift. (Vergl. Petiscus, Der Olymp, S. 151.) sind, kann ich mir so etwas Nichtiges nicht vorstellen; denn um gewiß zu sein, daß eine Wirkung, welche von hunderttausend natürlichen Ursachen hervorgerufen sein kann, übernatürlich sei, muß man zuvor untersucht haben, ob keine von jenen natürlichen Ursachen dabei wirksam gewesen ist. Aber dies läßt sich unmöglich ausführen.

Ich will Dich mit weiteren Einwendungen verschonen, Nathanael; dieser Gegenstand scheint mir keine so ernsthafte Betrachtung zu verdienen.

Paris, am 20. des Mondes Chahban, 1720.

N. S. Gerade als ich den Beschluß machte, hörte ich, wie auf der Straße der »Brief eines Arztes aus der Provinz an einen Arzt zu Paris« feilgeboten wurde; denn hier werden alle Lappalien gedruckt, veröffentlicht und verkauft. Ich glaubte nicht übel zu thun, wenn ich ihn Dir beilegte, da er sich auf unseren streitigen Punkt bezieht. Er enthält manches, was mir unverständlich ist; Du aber, der Du selbst ein Arzt bist, wirst ja wohl die Sprache Deiner Kollegen verstehen.

Brief eines Arztes aus der Provinz an einen Arzt zu Paris.

»In unserer Stadt befand sich ein Kranken der seit fünfunddreißig Tagen keinen Schlaf gefunden hatte. Sein Arzt verordnete ihm Opium; aber er konnte sich kein Herz fassen, es einzunehmen, und so oft er die Schale zur Hand nahm, wurde es ihm noch mehr zuwider. Endlich sagte er zu seinem Arzte: ›Mein Herr, ich bitte nur noch bis morgen um Aufschub. Mir ist ein Mann bekannt, der zwar die Heilkunst nicht ausübt, aber sich im Besitze einer Unzahl von Mitteln gegen die Schlaflosigkeit befindet. Gestatten Sie, daß ich ihn holen lasse; und wenn ich auch diese Nacht nicht schlafe, so verspreche ich Ihnen, mich wieder an Sie zu wenden.‹ Nachdem der Arzt verabschiedet war, ließ der Kranke die Vorhänge zuziehen und sagte zu seinem kleinen Bedienten: ›Du, lauf schnell zu Herrn Anis und sage ihm, daß er zu mir kommen möchte.‹ Herr Anis stellt sich ein. ›Mein lieber Herr Anis, ich sterbe, ich kann keinen Schlaf finden. Sollten Sie nicht in Ihrem Laden die C. du G. »La Connaissance du Globe,« die Kenntnis des Erdballs, – das Werk eines Jesuiten. haben, oder vielleicht irgend ein Andachtsbuch von einem ehrwürdigen Jesuitenpater, das Sie nicht haben verkaufen können? Denn häufig sind die Arzeneien, die am längsten gestanden haben, die besten.‹ – ›Mein Herr,‹ antwortete der Buchhändler, ›ich habe noch den »Heiligen Hof« von Pater Caussin Nicolas Caussin war ein Scholastiker, der außer obigem Werke ein Buch über kirchliche und profane Beredtsamkeit sowie lateinische Tragödien verfaßte. Er starb 1651. zu Hause; es ist ein Werk in sechs Bänden und steht Ihnen zu Diensten. Ich werde Ihnen dasselbe schicken und wünsche, daß es eine gute Wirkung thun möge. Sollten Sie die Werke des ehrwürdigen Pater Rodriguez, Rodericus de Arriaga war gleichfalls ein Scholastiker. Außer theologischen Streitschriften produzierte er ein Werk über Ciceros Redekunst. Starb 1687. Nicht zu verwechseln mit dem Portugiesen Simon Rodriguez, der mit Loyola ein Mitbegründer des Jesuitenordens war. des spanischen Jesuiten, vorziehen, so sagen Sie es nur ohne Umschweife. Aber wenn Sie meinem Rat folgen wollen, so bleiben wir bei Pater Caussin; ich hoffe, mit Gottes Hilfe, daß Ihnen ein einziger Satz des Pater Caussin ebenso viel nützen wird wie ein ganzes Blatt der O. du G.‹ Hierauf entfernte sich Herr Anis und eilte heim, um die Arzenei in seinem Laden zu suchen. Der ›Heilige Hof‹ trifft ein; man wischt den Staub davon ab; der Sohn des Kranken, ein Schulknabe, beginnt ihn vorzulesen. Er ist der erste, welcher die Wirkung des Mittels verspürt; bei der zweiten Seite lallt er nur noch mit undeutlicher Stimme, und schon hat äußerste Müdigkeit die ganze Gesellschaft überkommen. Einen Augenblick später schnarcht alles, mit Ausnahme des Kranken; aber auch dieser, der eine so lange Leidenszeit durchgemacht, schlummert endlich ein.

»Früh am nächsten Tage kommt der Arzt. ›Nun, hat man mein Opium eingenommen?‹ Niemand antwortet ihm. Die Frau, die Tochter, der Knabe, alle sind außer sich vor Freude und zeigen ihm den Pater Caussin. Er fragt, was sie damit sagen wollen, und sie erwidern ihm: ›Pater Caussin lebe hoch! Wir müssen ihn einbinden lassen. Wer hätte das geglaubt? Es ist ein Wunder! Kommen Sie doch her, mein Herr, sehen Sie sich den Pater Caussin an! Dieser Band hat unsrem Vater den Schlaf wiedergegeben.‹ Und dann erklärte man ihm, wie sich alles zugetragen hatte.

»Der Arzt war ein feiner Kopf, wohlbewandert in den Geheimnissen der Kabbala, Die Kabbala, ursprünglich die jüdische Geheimlehre, war durch das ganze Mittelalter und bis in das siebzehnte Jahrhundert eine Sekte, in welcher Skepticismus und überschwenglichster Aberglaube sich seltsam mischten. Die Kabbalisten glaubten an Sylphen, Gnomen, Salamander. Zugleich jedoch scheint auch viel wirkliche Weisheit bei ihnen daheim gewesen zu sein. (Lecky, Hist. of Rationalism, I, 42-44.) Moderne Richtungen wie der esoterische Buddhismus u. s. w. (vergl. Brief 45, Anm. 77) haben viel Verwandtes mit ihnen. Die Beschwörungsscene in Fausts Studierzimmer ist kabbalistisch. und tief überzeugt von der Kraft der Worte und der Geister. Das Erlebte machte großen Eindruck auf ihn, und nach längerem Nachdenken entschloß er sich, seine Kurmethode völlig zu ändern. ›Hier liegt eine höchst merkwürdige Thatsache vor,‹ sagte er. ›Ich habe eine Erfahrung gemacht, die verdient, daß man sie weiter ausbilde. Ei, warum sollte denn der Geist nicht imstande sein, seine persönlichen Eigenschaften auf seine Werke zu übertragen? Geschieht es nicht alle Tage? Zum Mindesten ist es der Mühe wert, einen Versuch zu machen. Ich bin der Apotheker überdrüssig; ihre Säfte, ihre Kühltränke und alle die galenischen Arzeneimittel richten die Kranken und ihre Gesundheit zu Grunde. Ändern wir also unser Verfahren; erproben wir die Kraft der Geister!‹ Von diesem Grundgedanken ausgehend, wurde er der Erfinder einer neuen Heilkunde, wie Sie aus den folgenden Rezepten der hauptsächlichsten Arzeneien, die er anwandte, ersehen werden.

Abführungs-Trank.

Man nehme drei Blätter der Logik des Aristoteles in griechischer Sprache; zwei Blätter eines der scharfsinnigsten Traktate aus der scholastischen Theologie, wie zum Beispiel von dem spitzfindigen Scotus; Hier ist wohl nicht, wie Strodtmann glaubt, Scotus Erigena, sondern Johannes Duns Scotus (gest. zu Köln, 1308) gemeint, den die Kirche »Doctor subtilis« genannt hat. In ihm vereinigte sich philosophischer Kriticismus mit kirchlicher Strenggläubigkeit. (Vergl. Ueberweg, Gesch. der Phil. II, 32.) vier Blätter von Paracelsus; Aureolus Theophrastus Bombastus Paracelsus, kabbalistischer Mystiker (1493-1541), Zeitgenosse des historischen Faust. Antecipation der Homöopathie in seinen Versuchen, die Medicin zu reformieren. Chemie und Theosophie mischen sich in ihm auf abenteuerliche Weise. (Ueberweg, III, 5.) eins von Avicenna; Avicenna (980-1037), arabischer Philosoph. Er lehrte Medizin und Philosophie in Ispahan und schrieb beinahe über alle Gegenstände, die Aristoteles behandelt hatte. Sein medizinischer Kanon diente Jahrhunderte lang als Grundlage des Unterrichts. (Ueberweg, II, 26.) sechs von Averrhoes; Averroes, geb. zu Cordova 1126, gest. 1198, einer der letzten arabischen Philosophen des Mittelalters. Ihm galt Aristoteles als der Begründer und Vollender der wissenschaftlichen Erkenntnis. Seinem Einflusse ist die Entstehung der Lehre von der zweifachen Wahrheit (Siehe Brief 66, Anm. 103.) zuzuschreiben. (Vergl. Renan, Averroès.) drei von Porphyrius; Porphyrius (232-304), neuplatonischer Philosoph, berühmtester Schüler des Plotinus. Bekämpfte auch die Lehren der Christen, besonders die Gottheit Jesu. ebenso viele von Plotinus; Plotinus (204-269), Lehrer des vorigen, entwickelte zuerst die neuplatonische Philosophie systematisch. Nach ihm ist das höchste Ziel die ekstatische Erhebung zu Gott. (Über beide vergl. Ueberweg I, 68.) ebenso viele von Jamblichus. Jamblichus (gest. um 330), stellt die neuplatonische Philosophie ganz in den Dienst der Begründung des polytheistischen Kultus und sucht den Aberglauben spekulativ zu rechtfertigen. Galt als Wunderthäter und Geisterbeschwörer. (Ibid. § 69.) Man mische das Ganze, lasse es vierundzwanzig Stunden stehen und nehme davon viermal täglich einen Eßlöffel.

Stärkeres Abführmittel.

Man nehme zehn B*** des C*** in betreff der B*** und der C*** der I***, Zehn Beschlüsse des Conseils in betreff der Bulle und der Konstitution der Jesuiten. (Vergl. Brief 24.) Nach anderen: in betreff der Bank, oder der Börse, und der Compagnie des Indes. destilliere sie in Marienbad, verdünne einen Tropfen des ätzenden, scharfen Saftes, der daraus entstehen wird, in einem Glase gewöhnlichen Wassers und schlucke das Ganze herzhaft hinunter.

Brechmittel.

Man nehme sechs Standreden; ein Dutzend beliebiger Leichenpredigten, wobei man jedoch diejenigen des Herrn von N. Herr von Nismes, worunter der berühmte Kanzelredner Flèchier (gest. 1710) zu verstehen ist, Bischof von Nismes. Er pries wie Bossuet und Bourdaloue die Ausrottung des Protestantismus als eine der preiswürdigsten Thaten Ludwigs XIV. vorsichtig aussondern muß; eine Sammlung von neuen Opern; fünfzig Romane; dreißig Bände von Memoiren aus jüngster Zeit. Man schütte das Ganze in eine Retorte, lasse es zwei Tage langsam kochen und destilliere es in heißem Sande. Und wenn dies alles keine Wirkung thut, so versuche man

Ein anderes, noch stärkeres Brechmittel.

Man nehme ein Blatt marmoriertes Papier, welches als Umschlag einer Sammlung von Schriften der F. J. Französische Jesuiten. gedient hat; mache einen Aufguß daraus; lasse denselben drei Minuten stehen; wärme einen Löffel von dieser Brühe und verschlucke ihn.

Sehr einfaches Mittel gegen das Asthma.

Man lese sämtliche Werke des ehrwürdigen Pater Maimbourg, Der Jesuit Louis Maimbourg (gest. 1686) erwarb sich durch seine parteiisch tendenziösen Schriften den Beifall der Kurie, wurde aber dennoch wegen Parteinahme für den Gallicanismus auf Betrieb des Papstes von seinem Orden ausgestoßen, von Ludwig XIV. jedoch durch eine Pension entschädigt. (Kurtz, Kirchengeschichte, II, § 157.) ehemaligen Jesuiten, halte aber nur am Ende einer jeden Periode inne; so wird man nach und nach wieder zu Atem kommen, ohne daß es nötig wäre, die Kur zu wiederholen.

Zur Sicherung gegen Grind, Krätze, Schorf und Wurmbeschwerden.

Man nehme drei Aristotelische Kategorien, zwei metaphysische Grade, eine Distinction, sechs Verse von Chapelain, Jean Chapelain (gest. 1674), am besten durch Boileau's Spott bekannt, ein Mann von Verdienst, Gelehrter und ausgezeichneter Kritiker, hatte das Unglück, sich für einen epischen Dichter zu halten, und machte sich durch »Jeanne d'Arc« lächerlich. (Demogeot, Hist. de la litt. franç., pg. 370.) eine Phrase aus den Briefen des Herrn Abtes von Saint-Cyran; Jean Düvergier de Hauranne, Abt des Benediktinerklosters Saint-Cyran (gest. 1643), neigte zur Lehre des heil. Augustinus, wurde als Jansenist Direktor von Port-Royal und schrieb u. A. eine Apologie des Selbstmords. das Ganze schreibe man auf ein Stück Papier, falte dasselbe zusammen und trage es, an seinem Bande befestigt, um den Hals.

Miraculum chymicum, de violenta fermentatione cum fumo, igne et flamma.

Misce Quesnellianam Gegen die Réflexions morales, jansenistische Betrachtungen über das neue Testament, von Paschastus Quesnel (1634-1719) war hauptsächlich die Bulle Unigenitus gerichtet. (Vergl. Brief 24.) Er wurde von den Jesuiten mit fanatischem Hasse verfolgt. infusionem, cum infusione Lallemania; Jean Lallemant, ein Philologe des sechzehnten Jahrhunderts, übersetzte griechische Autoren. fiat fermentatio cum magna vi‚ impetu et tonitru, acidis pugnantibus, et invicem penetrantibus alcalinos sales: fiet evaporatio ardentium spirituum. Pone liquorem fermentatum in alembico: nihil inde extrahes, et nihil invenies, nisi caput mortuum. Zu deutsch:
Wunderbare chemische Wirkung durch heftige Gährung, mit Rauch, Feuer und Flamme.
Man mische einen Aufguß von Quesnel mit einem Aufguß von Lallemand, lasse die Mischung mit großer Gewalt, Brausen und Donner zur Gährung kommen, indem die Säuren sich bekämpfen und um die Wette die alkalischen Salze durchdringen, was eine Verdünstung der hitzigen Gase zur Folge haben wird. Die gegohrene Flüssigkeit schütte man in den Destillierkolben; und man wird weiter nichts daraus ziehen und nichts darin finden als ein caput mortuum (d. h. eine unnütze und wirkungslose Arzenei).

Lenitivum.

Recipe Molinae Louis Molina (1540-1600), ein spanischer Casuist, nach welchem die Jesuiten auch Molinisten genannt wurden. Seine Auffassung der Gnadenlehre wurde von den Dominikanern bei der Inquisition als ketzerisch denunciert. Er schrieb aber auch zur Verteidigung des Tyrannenmordes. Nicht zu verwechseln mit Michael Molinos (Vergl. Brief 134, Anm. 264.). anodyni chartas duas; Escobaris Antonio Escobar y Mendoza (1589-1669), jesuitischer Kanzelredner und Moralist. Ihm verdankt die französische Sprache eine Bereicherung durch das Wort Escobarderie (Jesuitenkniff). relaxativi paginas sex; Vasquii Gabriel Vasquez (gest. 1604), Vorgänger Escobar's in jesuitisch-casuistischer Moral (Der Zweck heiligt die Mittel, Reservatio mentalis, Probibilismus u. s. w.) Vergl. Brief 57. emollientis folium unum: infunde in aquae communis libras IV. Ad consumptionem dimidiae partis colentur et exprimantur; et in expressione dissolve Bauni detersivi et Tamburini Etienne Bauny (gest. 1649) und Thomas Tamburini (gest. 1675), gleichfalls jesuitische Moraltheologen, der letztere Ordensgeneral. abluentis folia III.

Fiat clyster. Zu deutsch:
Erweichungsmittel.
Man nehme zwei Blätter des einschläfernden Molina; sechs Seiten des Abführmittels Escobar; ein Blatt des erweichenden Vasquez; mache von dem Ganzen einen Aufguß mit vier Pfund gewöhnlichen Wassers. Man lasse dies bis auf die Hälfte einkochen und drücke die Blätter aus; und in dem Extrakt löse man drei Blätter vom reinigenden Bauny und vom abspülenden Tamburini auf.
Man gebe damit ein Klystier.

In chlorosim, quam vulgus pallidos-colores, aut febrim-amatoriam, appellat.

Recipo Aretini Pietro Aretino von Arezzo (1492-1556), talentvoller, aber höchst schlüpfriger italienischer Satiriker, auch als Lustspieldichter berühmt, nebenbei Verfasser etlicher Erbauungsbücher. figuras quatuor; R. Thomae Sanchii Thomas Sanchez (gest. 1610), nicht zu verwechseln mit dem skeptischen Philosophen Franciscus Sanchez, war ein Jesuit, der in seinem Buche »De matrimonio« die geheimsten Verhältnisse der Ehe enthüllte und in Zügellosigkeit einer verdorbenen Phantasie Monströses leistete. (Vergl. Brief 134, Anm. 265.). de matrimonio folia II. Infundantur in aquae communis libras quinque.

Fiat ptisana aperiens. Zu deutsch:
Gegen die Chlorose, gemeiniglich Bleichsucht oder Liebesfieber genannt.
Man nehme vier Figuren aus Aretin, zwei Blätter aus dem ehrwürdigen Thomas Sanchez »Über die Ehe« und weiche sie in fünf Pfund gewöhnlichen Wassers ein.
Man nehme das Ganze als Abführungstrank.

»Dies sind die Arzeneimittel, welche unser Arzt zur Anwendung brachte, und man kann sich von dem Erfolg seiner Kuren eine Vorstellung machen. Um seine Kranken nicht zu Grunde zu richten, sagte er, er wolle keine seltenen und gar nicht aufzutreibenden Mittel verordnen, wie z. B. ein Zueignungskapitel, das niemanden zum Gähnen veranlaßt hat, oder eine zu kurze Vorrede, oder einen Hirtenbrief, den ein Bischof selbst aufgesetzt Vergl. Brief 102, Anm. 187. hat, oder das Werk eines Jansenisten, welches von einem andren Jansenisten verachtet, oder gar von einem Jesuiten bewundert wird. Von Heilmitteln dieser Klasse hegte er die Ansicht, sie seien nur geeignet, die Charlatanerie zu befördern, gegen die er einen unüberwindlichen Widerwillen empfände.«



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