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Hundertundneunzehnter Brief.
Usbek an denselben.

Von Asien und Europa bleibt nun weiter nichts zu sagen; wenden wir uns also zu Afrika. Übrigens kann man nur von seinen Küsten reden, weil das Innere unbekannt ist.

Die der Berberei, wo die muhamedanische Religion herrscht, sind aus den schon erwähnten Ursachen nicht mehr so bevölkert, als sie es unter den Römern waren. Was die Küsten von Guinea betrifft, so müssen sie in den zweihundert Jahren entsetzlich verödet sein, seit die kleinen Könige oder Häuptlinge der Dörfer ihre Unterthanen an europäische Fürsten verkaufen, die sie nach ihren amerikanischen Kolonien schleppen.

Sonderbar ist es, daß dies Amerika, welches alljährlich einen so großen Zuwachs an Einwohnern erhält, selbst noch wüst liegt und aus jenen fortgesetzten Verlusten Afrikas keinen Nutzen zieht. Die Sklaven, welche man in ein anderes Klima verpflanzt, kommen daselbst zu Tausenden um; und die Arbeit in den Bergwerken, wo man unaufhörlich sowohl die Eingeborenen des Landes wie die Ausländer beschäftigt, die schädlichen Gase, welche denselben entsteigen, und das Quecksilber, womit man beständig umgehen muß, verderben sie ohne Rettung.

Es giebt nichts Unsinnigeres, als daß man eine zahllose Menschenmenge dem Untergange weiht, um aus den Tiefen der Erde jene an sich durchaus nutzlosen Metalle, die nur deswegen Schätze sind, weil man sie zu Zeichen derselben gewählt hat, nämlich das Gold und das Silber, zu Tage zu fördern.

Paris, am Letzten des Mondes Chahban, 1718



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