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Einundvierzigster Brief.
Der Oberste der schwarzen Verschnittenen an Usbek.

Ismael, einer Deiner schwarzen Eunuchen, ist soeben gestorben, erlauchter Herr, und ich bin genötigt, ihm einen Nachfolger zu geben. Da die Verschnittenen gegenwärtig überaus selten sind, so hatte ich daran gedacht, einen schwarzen Sklaven, den Du auf dem Lande hast, dazu zu erwählen. Aber bis jetzt habe ich ihn nicht zu bewegen vermocht, sich der Operation zu unterziehen, die ihn diesem Amte weihen sollte. Da ich weiß, daß es schließlich doch zu seinem Besten dienen würde, so wollte ich neulich mit ein wenig Strenge gegen ihn verfahren; und im Einverständnis mit dem Aufseher Deiner Gärten befahl ich, ihn mit Gewalt in den Stand zu setzen, Dir die Dienste zu erweisen, welche Deinem Herzen am liebsten sind, und gleich mir die gefürchtete Stätte zu bewohnen, auf die er jetzt nicht einmal einen Blick zu werfen wagt. Aber er stieß ein Gebrüll aus, als sollte er geschunden werden, und es gelang ihm, aus unsren Händen zu entkommen und dem verhängnisvollen Messer zu entgehen. Soeben wird mir mitgeteilt, daß er Dir schreiben und Dich um Gnade bitten will. Er soll behaupten, nur unersättliche Rachsucht wegen gewisser beißender Spottreden, die er über mich geführt zu haben eingesteht, habe mich zu jenem Plane veranlaßt. Aber ich schwöre Dir bei den hunderttausend Propheten, daß meine Handlungsweise nur von dem Gedanken geleitet war, wie Dir am besten zu dienen sei; denn dies allein liegt mir am Herzen, und alles Übrige hat keinen Wert für mich. Ich werfe mich Dir zu Füßen.

Fatmehs Serail, am 7. der Mondes Maharram, 1713.



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