Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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224. An Goethe

den 8ten December 1794

Lieber Sohn!

Ich hoffe bekommendes Zeug welches warm hält, und doch leicht ist wird dem kleinen Augst wohl behagen – Der prächtige Franckfurther Confect wird in der Christwoche erscheinen. Daß du vor dißmahl ohne Einquartirung noch davon gekommen bist – darüber freue dich – denn die Last die wir nun zwey volle Jahre tragen ist gar kein Spaß – wenn nur das Einfeuern nicht wäre! du kanst nicht glauben was das Holtz kostest das hir so enorm theuer und beynahe nicht einmahl zu bekommen ist, sonst im übrigen bin ich mit meiner dißmahligen Einquartirung wohl zu frieden Oberautitor Lückdecke nebst seiner Frau – Er ein gescheidter klahrer Kopf – Sie ein gutes Weib – freylich kochen sie in meiner Küche – da aber meine Tracktemente in 3 Schüschlen und die ihrige in zwey bestehen – so gehts doch. Was ich sage daß die 20 tausend Mann Preußen zurück kommen? nichts anders als was einmahl ein Cardinahl dem Pabst der gantz erstaunt |:weil er in der größten stille in seinem Kloster gelebt hatte:| über die menge Menschen die er am Tage seiner Erhöung vor sich sah antwortete als der Pabst ihn fragte: wovon leben diese alle? Ihro Heiligkeit sie bescheisen einander. Aus dem gantzen Weßen wird kein Menschenkind gescheid – ich verbreche mir auch gar nicht den Kopf drüber – das Ende das doch einmahl komen muß wirds aus weißen – wer bestuhltgängelt worden ist. Daß Stocks Bilder eingepackt sind ist mir sehr lieb – wollen sie also erwarten. Auch habe ich kein klein gaudium daß endlich nach langem sehnen und harren Willhelm endlich erscheint – erbitte mir ein Exemplar. Du bist überzeugt daß es mir immer Freude macht dich bey mir zu haben – gibt also Gott Frieden so habe ich statt einer Freude zwey. Ich soll dir im Nahmen des Pfarrer Starcks den Tod seiner Frau melden – Er ist im Schreiben nicht sehr geübt – und bittet deßwegen um Verzeihung. Minister von Hardenberg läßt dir viel schönes sagen – es ist ein freundlicher Lieber Mann. Schlosser hat mir schon lange den Auftrag gegeben dir vor Reinecke den Fuchs zu dancken – Er und sein gantzes Hauß hatten viele Freude und Wonne darob. Ich hoffe daß die beyden Halstücher den Jungfer Mägden ein angenehmes Christgeschenck sein werden, denn ich habe zwey gantz gleiche |:damit sie sich nicht über die Wahl veruneinigen:| und recht schöne |:wie der Augenschein lehret:| ausgesucht – Jetzt lebe wohl! Grüße alles in deinem Hauße und behalte lieb

Deine
treue Mutter
Goethe.


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