Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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32. An die Herzogin Anna Amalia

Franckfurth d. 30ten November 1778

Ihro Durchlaucht Legens recht drauf an Goetheens Vater und Mutter in ihrer Einsamkeit zu erfreuen. Kaum haben wir uns über den Jahrmarckt und alles was dabey war herrlich ergötzt; so bringt der Postwagen wieder etwas in schönem grünem Wachstuch wohl verwahrt mit – wie der Blitz ist Frau Aja dahinter her macht in einer geschwindigkeit die Cordel ab und will nun sehen was es ist – da waren aber so viele Nägel herauszuziehen daß Frau Aja eben alle ihre gedult zusammen nehmen und warten mußte biß die Zange und der Hammer das ihrige gethann und der Deckel vom Kästgen in die Höhe ging: nun lag noch ein papier drauf, rischs war das auch weg, und Frau Aja that einen großen schrei als sie ihren Häschelhanß erblickte. Wir finden viele gleichheit drinnen, und haben eine große Herrlichkeit damit wie das Ihro Durchlaucht Sich leicht vorstellen können, da wir ihn selbst in 3 Jahren nicht gesehen haben, zumahl da er im Frack gemahlt ist worin ich ihn immer am liebsten so um mich herum hatte, und es auch seine gewöhnliche tracht war. Jetzt wird eine Rahm drum gemacht und es wird in die Weimarrer Stube aufgestelt, so wie auch die 3 Zeichnungen aus dem Jahrmarckt. Nun Theureste Fürstin! nehmen Sie den innigsten wärmsten und hertzlichsten Danck von Vater und Mutter davor an, und erhalten uns und Docter Wolfen Dero Unschatzbahre gnade, wir glauben auch vestiglich daß Ihro Durchlaucht unsere Bitte erhören, und immer vor uns |: und Gott gebe :| und unsere Nachkommen die Huldreichste und gnädigste Fürstin seyn und bleiben werden. Vor den Musicalischen Jahrmarck dancke auch unterthänigst, und werde so bald ich alles durchgespielt habe Ihro Durchlaucht schreiben wie mir dabey zu muthe war, von aussen sieht mann schon daß es von einer Fürstin kommt, der prächtige Band, die vortreflich geschrieben Noten u. s. w. So großen lusten ich hatte alles stehn und liegen zu lassen um zu Singen und zu spielen; so glaubte ich doch daß es schöner wäre unsere Besten Fürstin gleich zu dancken und keinen Posttag vorbey gehen zu laßen. Daß Ihro Durchlaucht spinnen freut mich sehr, Frau Aja hats auch einmahl starck getrieben, und kans noch so zimmlich. An der Spinnerey vom Docter habe so meine Freude daß ich ihm ehestens 25 Pfund schönen feinen Flachs zum geschenck überschicken will. Wann es nicht beynahe 5 uhr wäre so schriebe ich so wahr ich lebe einen andern Brief, ich begreife gar nicht wie ich so entsetzlich gehudelt habe, die Federn tauchten nichts, das papier floße. Ihro Durchlaucht verzeihen nur, auf einandermahl sols schöner werden. Beste Fürstin! nehmen Sie nochmals unsern hertzlichen Danck vor alles alles an und glauben daß ich bin biß ans grab ja noch drüber hinaus

Ihro Durchlaucht
unterthänige und treugehorsambste Dienerin
C. E. Goethe


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