Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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97. An die Herzogin Anna Amalia

den 2ten Mertz 1784

Durchlauchdigste Fürstin!

Ich vermag nichts als Danck zu stammlen – Die Gefühle meines inniggerührten Hertzens bin ich nicht im stande auszudrucken – nur das kan sagen, daß kein Ordens Band so lang die Welt steht mit mehr Freude, Stoltz und tieffem Gefühl unverdienter Gnade ist umgethan worden als das so trefende Bild meiner Vortrefflichen und Gnädigen Fürstin Amalia. Nie soll bey allen Festlichen Gelegenheiten ein anderer Schmuck mich zieren – schon zweymahl habe ich mir diese Wonne gemacht – Ihro Durchlaucht müßten doch lächlen, wen Sie sähen wie Frau Aja sich in die Brust wirft – daher rauscht in einem weißen seidnen Kleid – das mir ewig Theure Bild an einem breiten schwartzen Band auf der Brust – und ein Ausdruck in gang und mienen, daß alles meine gantze Selbstzufriedenheit aus den Augen leßen kan – und nun das gucken, das fragen ohne Ende wer die schöne Dame seye – nun das Dickthun Derjenigen die die Gnade haben Ihro Durchlaucht zu kennen – wo immer eins stärcker als das andre schreit – Bey Gott! das ist die Herzogin Amalia, wie aus dem Spiegel gestohlen! Ihro Durchlaucht! würden lächeln |:noch einmahl seye es gesagt:| und empfinden, wie so gantz glücklich Sie mich gemacht haben. Der Blumen-korb ist ein solches Meisterwerck, das gar nicht genung bewundert werden kan – Er steht in meinem besten Zimmer auf einem Marmor Tisch, und wer ihn noch gesehen hat, bekent, daß Franckreichs und Italiens Blumen steifes Papier gemächte dagegen ist – Beym aufmachen des Kastens stunde ich wie bezaubert – ich wuste gar nicht was ich dencken und machen solte – Alles trägt jetzt hir Blummen, alt und jung und niemand ist im Er[n]st aufgetackelt der nicht wenigstens eine vorsteken hat, aber du Lieber Gott! das ist alles gegen diese Stroh eitel Stroh – besonders die Blätter und die Stiele sind der Natur so ähnlich, daß ich in der Täuschung an der Hiazinte roch. Dieser herrliche Weimarer product, soll als ein Heiligthum bey mir aufgehoben werden, und wehe dem! der nur einem Stengel dran zerknickte. Der Geldbeutel hat mich sehr gefreut – Gott mache mich noch einmahl so glücklich die Hände zu küssen, die ihn verfertigt haben! Die Luftreiße wolte ich mit Vergnügen anstellen – nur fürchte ich daß es so bald noch nicht geschieht – von unserm Luftballon ist alles Maußestill, mich dünckt die Verfertiger sind ihrer sache nicht gantz gewiß, und fürchten das auspeifen.

Gott seegne die Bergwercks Geschäffte! und schencke meinem Sohn Gesundheit und kraft Dero Hohen Fürstlichen Hauße alle ersprießliche Dinste zu leisten. Wir haben hir eine große Überschwemmung gehabt – noch heute da ich dieses schreibe ist mein Keller noch voll Wasser – auf unserer Straße fuhr man in Schiffen – An niedrigen Orten wie am Fahrthor stunde das Wasser im ersten Stockwerck – Das Elend war viel größer als 1764 Unsere Dorfschafften stehen meist unter Wasser – Das Unglück abgerechnet, war der Eißgang ein prächtiges Schauspiel – Das krachen an den Eißbrechern – die schrecklichen großen Schollen die wie Berge sich aufthürmten mit großen gethön sich überein ander wältzten – das brausen des Maynstrohm – Der Donner der Canonen der dazwischen brüllte, um der Stadt Maynz das Singnahl zu geben, daß der Mayn auf sey – Der Lermen der Menschen, das raßlen der wagen die die Kaufmans Gewölbe lehr machten u. s. w. das alles zusamen konte den Hertzhafftesten in Furcht jagen. In dem jetzt beschriebenen Wirr Warr – kam Dero herrliches Geschenck bey mir an. Das kan ohnmöglich alles vor dich seyn – villeicht steht in dem dicken Brief die Order wo der große und kleine Kasten hin gehört – also risch rasch den Brief auf – und nun die Freude, den Jubel! Ich vergaß alles, zog ein Band durch und nun gleich mich mit damit geschmückt. Da ich ferner bemerckte, daß das übrige auch mein Eigenthum wäre, da gings an ein auspacken – und mein Erstaunen über alle den Pracht, habe ich schon die Gnade gehabt Ihro Durchlaucht oben zu beschreiben. Gott sey der Vergelter aller der Freuden! Er bestreue mit Blumen den Lebens pfad Unser Theuren Fürstin! Erhalte Sie und das gantze Durchlauchdigste Hauß, Daß noch Urenckel das Holde Angesicht Ihrer Stammmutter sehen – Einer Fürstin! wie sie Gott nicht alle macht. Mir erbitte ich die Fortdauer von Dero hohen Gnade, und verbleibe Zeit Lebens

Durchlauchdigste Fürstin!
Dero
Unterthänigste treugehorsambste Dienerin Goethe.


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