Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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65. An die Herzogin Anna Amalia

den 12 September 1780

Durchlauchdigste Fürstin!

Zwey Briefe! Zwey Briefe von unserer Besten Fürstin und Frau Aja solte nicht alles stehn und liegen laßen um gleich den Augenblick vor dieses neue Geschenck, vor dieses immerfort daurente Gnädigste Andencken den Untherthänigsten größten wärmsten Danck abzustatten. Ja Theureste Fürstin! Ich dancke Ihnen mit gerührtem Hertzen vor diesen neuen Beweiß von Dero Gnade. Wolt Gott! Frau Aja wäre nicht so stümpperin in der Musick, könte das herrliche das drin liegt, gleich faßen und packen damit ich im stande wäre Ihro Durchlaucht schon in diesem schreiben meine Lieblings Arien vorzutragen, und das Exzelente in dieser oder jener stelle anzumercken – Aber da brauchts Zeit – Zumahl jetzt in der Meße, da mann vor Trommlen, Posaunen, Leyern, Geigen den gantzen Tag nicht zum besinnen komt vielweniger Musick studiren kan. Zumahl diese Meße – Wir haben Großmann und seine Truppe, Opera Buffa, Zwey Gesellschafften Seiltäntzer, ein ditto Luftspringer u. s. w. Nun stellen Sichs Ihro Durchlaucht vor, daß die Kerls den gantzen Tag in der Stadt herum reiten, und vor sich her Trommlen und pfeiffen laßen – alle der andern specktackel nicht zu gedencken: Die nähre Beschauung der Compositztion wie auch der Textes Worte, behalte ich mir auf ruherige Zeiten vor, nur mein Danck konte so lang nicht warten. Die Frau Margräffin von Bareuth kommen erst den 15 dieses hir an. Ihro Durchlaucht sollen die Abreiße den Augenblick erfahren, gewöhnlich halten sich die Frau Marckgräffin immer biß gegen das Ende der Meße hir auf – dem seye wie ihm wolle ich erfahrs durch Dick und berichte es gleich. Freulein Thusnelde soll Tausend Danck haben, es ist gar brav und schön von Ihr daß Sie einem solche Freude und Wonne bereittet Sie soll auch davor – Erstlich in meines Hertzens schrein wohl verwahrt bleiben – Zweitens |: nach der Meße versteht sich :| einen langen, vortrefflichen Brief von mir empfahen. Ihro Durchlaucht haben die Gnade Ihr einstweilen in meinem Nahmen zu dancken. Merck hat die Sünde des Caricaturs Portrait auf seinem Gewißen, da schickt Er mir den Fratzen übern Hals, ich muß mich so verzerren laßen, und noch obendrauf 18 gulden bezahlen – Aber geschworen seys, komt mir noch einer – Ich weiß was thue. Was übrigens meinen Schönheits kram anbelangt so haben Ihro Durchlaucht vollkommen recht – etwas stickt gantz gewiß darhinter – Ja ja es sind sonderbahre sachen, und die Welt liegt schon so lang im argen daß ihre beßerung freylich schwer hält. Doch darf ich mich nur mit dieser Hoffnung trösten, daß unsere Theure Fürstin! Frau Aja in allen gestalten mit Gnade zugethan bleibt; so ist alles recht und gut. In dieser süßen Hoffnung leb und stirb

Durchlauchdigste Fürstin
Dero
Unterthänige treugehorsambste Dienern
C. E. Goethe

N. S. Der Vater empfielt sich zu Gnaden.


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