Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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89. An die Herzogin Anna Amalia

Durchlauchdigste Fürstin!

Ich habe Gott sey danck in meinem Leben viele Freuden gehabt – Das Schicksahl hat mir manchen frohen Tag geschenckt – aber niehmahls kam mir eine Freude so unvermuthet – niemahls bin ich so von Wonne truncken gewesen – als über die Geburth des Printzen von Sachsen Weimar. Da ich kein Wort von der Schwangerschafft der Herzogin wußte; so stellen Sich Ihro Durchlaucht mein Erstauen über die gantz unerwartete glückliche nachricht vor! Als ich an die Worte in Freuleins Thusneldens Brief kam »Wenn ich den Printzen selbst gemacht hätte u.s.w.« so zitterte ich am gantzen Leibe, ließ den Brief aus der Hand fallen – bliebe eine Zeit starr und gleichsam ohne Empfindung stehen – auf einmahl wurde mein gantzer Cöpper siedend heiß, mein Gesicht sähe aus, als wens doppelt mit Carmin belegt wäre – nun mußte ich Luft haben – Ein Printz! ein Printz! schriehe ich meinen Wänden zu – O wer mich in dem Augenblick gesehen hätte! Ich war gerade gantz allein, zum Glück bliebe ich es nicht lange, Frau Bethmann kame mich ins Schauspiel abzuholen, nun konte ich, Gott sey Danck! meinem Hertzen Luft machen – Alle meine Bekandten, wer mir vors Gesicht kam, mußte die frohe Neuigkeit hören. Abens hatte ich ein paar Freunde zum Nachteßen und wir sungen Corus – Fröliger, Seliger, Herrlicher Tag. Voll von diesen Ideen, wars kein Wunder, daß mirs träumte ich ich seye in Weimar – Was hatte ich da alles vor Freude! nur Schade, daß Morgens beym Erwachen, die gantze Seligkeit dahin war. Theureste Fürstin! Gott Erhalte den neu gebohrnen P[r]intzen – Laße Ihn zu nehmen an Alter und Gnade bey Gott und den Menschen – die Zukunft müße dem glücklichen 2ten Februar noch Jubellieder Singen Amen. Mich empfele zu fererer Hulde und Gnade, und bin ewig

Durchlauchdigste Fürstin
Dero
Unterthänigste treugehorsamste Dienerin
Goethe

Franckfurth d 7ten Februar 1783


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