Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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216. An Goethe

Sontags d 15ten Juni 1794

Lieber Sohn!

Meinen besten Danck vor Reinecke den ertz Schelm – es soll mir aufs neue eine köstliche Weide seyn! Auch verdient Herr Unger Lob und Preiß wegen des herrlichen Papiers und der unübertrefbahren Lettern – froh bin ich über allen Ausdruck, daß deine Schrieften alte und neue nicht mit den mir so fatalen Lateinischen Lettern das Licht der Welt erblickt haben – beym Römischen Carneval da mags noch hingehen – aber sonst im übrigen bitte ich dich bleibe deusch auch in den Buchstaben – Auf Gevatter Wielands Wercke hätte ich prenumorirt aber vor der neuen Mode erschrack ich – und ließe es bleiben. Hir Schlossers producten – ich hatte sie vergeßen beyzupacken – mich freut daß die Kasten glücklich angelandet sind – und daß ich sie vom Halsse habe – wünsche viel Vergnügen daran zu erleben. Das päckgen an Ifland habe sogleich besorgt. Noch ist alles bey mir im alten – zwar haben zwey Mäckler das Hauß von obenan biß untenaus besehen – sind aber noch zur Zeit nicht wieder erschienen. Müßen es eben abwarten. Übrigens befinde ich mich so gantz leidlich von Hertzen gesund – und daß vor dieses Jahr das lincke Bein wie vorm Jahr das rechte so kleine Spaße macht – demohngeachtet gehe ich beynahe täglich aus – z.E. heute zu Stocks in Garten – bin vergnügt und lustig – und sehe Morgen die Erbschleicher von Gotter u.s.w. Lebe wohl! Grüße dein gantzes Hauß – und behalte lieb

Deine
treue Mutter
Goethe.

N. S. Der, so mir von dem Reinecke die Blätter aufgeschnitten hat soll großen Danck davür haben – Aufschneiden ist meine Sache nicht, ich thue es nur in den größten Nöthen.


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