Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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145. An Unzelmann

den 18ten Juli 1788

Lieber Freund!

Endlich nach Verlauf von 4 langen der Ewigkeit gleichen Wochen einmahl einen Brief – So wäre ich doch noch nicht gantz vergeßen – so wäre doch mein Andencken noch nicht gantz verlöscht – Ich will mich dann so viel als möglich zu beruhigen suchen – aber versprechen kan ichs nicht – auch würde das ein schlechtes Zeichen seyn – Den eine Freundschaft die sich so leicht in Ruhe versetzen kan – mit der ists so gut als – vorbey. Laßen Sie mich also nie wieder so unausstehlich lang auf Nachrichten von Ihnen warten – sondern bedencken, daß es ja das einzige ist – und daß alle meine ehemalige Hoffnungen Erwartungen Mährgen u. s. w. sich ja leider nur auf das kleinste und geringste auf – tode Buchstaben einschräncken müßen – und solche Brosämlein werden Sie doch einer an allem übrigen so verarmten Freundin nicht versagen. Sie bezeugten in einem Ihrer Briefe ein verlangen Nachrichten von der hiesigen Bühne zu erhalten – von mir würden sie sehr unvollständig seyn – den ich gehe ofte in der mitte des Stücks auf und davon – so machte ich es vorige Woche in der glücklichen Jagt – den wer konte Große Ihre Rolle spielen sehn – und nicht vor ärger das Gallenfieber kriegen – Freylich wars ein Scandal vor das organ, der nebst dem Mesias mutterseelen allein auf dem parterre saß – daß die Frau Rath anstatt auf Theater zu schauen – die paar Juden im dritten Rang lornigrte – und dann mitten im Stück nach ein paar hem, hems auf und davon lief. Da ich mir aber die Hoffnung nicht nehmen laße, Sie, ehe ich den Schauplatz dieser Welt verlaße doch noch hir wieder bei uns zu sehn – und zu dem Ende gerne wolte, daß Sie in Connexttion mit dem hiesigen Theater so viel als möglich blieben; so schicke ich Ihnen hirmit drey Blätter daraus vieles und mancherley zu ersehen ist – Wöchentlich erhalten Sie ins künftige ein Stück – und der vortheil vor Sie ist nach meiner Einsich doppelt – dann erstlich – bekommen Sie bey der Gelegenheit – auch immer ein paar Zeilen von mir mit in kaufe und ich bin so eitel zu glauben, daß Ihnen das lieb seyn wird. – Zweytens erfahren Sie auch alsdann Neuigkeiten wen die Truppe in Maintz ist, den in dem fall könte ich Ihnen nun gar nicht dienen. Ich lebe der Zuversicht, daß Sie Sich hübsch bei mir bedancken werden daß ich Ihnen Mittel an die Hand gebe das steigen und fallen unserer Truppe recht abzuwägen. Die Ehre, die Ihnen der Monarch erzeigt hat – freut mich so, daß ich deckenhoch springen möchte – Sie wißen daß ich keine politica bin – und der Kayser und die Türcken, und die Türcken und der Kayser mich so vill Intereßiren, als der Mann im Mond – Aber jetzt leße ich die Zeitung – aber nichts als den Artickel Berlin – und da freuts mich wen der König wohlauf ist, wen die Printzsetzin Friedericke in Pyrmont gesund wird, wen die Königin den Grundstein legt u. s. w. Übermorgen nehme ich die Zettel mit bey Stocks da wird sich alles freuen Mann und Weib auch die Kindleins |: den die Ricke u käthgen fragen imer nach Ihnen :| auch demoiselle Marianne – Herr Graf mit einem Wort die gantze Pastete. Auch habe ich so viele grüße an Ihnen von allen Ihren Freunden die mich immer plagen um Neuigkeiten von Ihnen – besonders Freund Thurneißen – wen ich den so vier Wochen keinen Brief habe – da stehe ich dann wie Kind beym D* Führen Sie Sich ins künftige musterhafter auf – O! Lieber Freund! Specktackel über Specktackel könte ich Ihnen noch schreiben – der arme Franckenberg! war in der Wache – Alle Schauspieler besonders Stegmann stunden gegen das Organ auf – hätte Stegmann meine Wuth und Muth im Leibe gehabt; so wäre jetzt unsere Bühne geschloßen – und es konte kein einzig Stück gegeben werden – Ha! das wäre ein Triumpf vor Frau Elisabeth geweßen – Laßen Sies sichs von Franckenberg alles erzählen – den die Galle steigt mir wen ichs erzählen solte. Leben Sie wohl! Grüßen Sie die Frau Gevatterin – den kleinen Carl – gratuliren dem Friederich zum gewinn von 8 f geben dem Plumpspiel einen Knochen in meinem Nahmen – und vergeßen nicht

Ihre
Freundin Elisabeth.

N. S. Graf Spaur ist in Italien. Goldschmidt will ichs sagen laßen.


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