Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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71. An die Herzogin Anna Amalia

Durchlauchdigste Fürstin!

Die Büste ist glücklich angekommen, und steht in der Weimarer Stube neben des Herrn Herzogs Seiner. Aber ist es möglich einem Stein so viele ähnlichkeit und Wahrheit zu geben! Alle meine Bekandten die die gnade haben Ihro Durchlaucht zu kennen, stunden alle vor Erstaunen mit offenen Mäulern da, konten sich gar nicht satt sehen – ja bey der Brentano gings gar so weit, daß Sie sich anfing zu fürchten – Mir ist Himmelangst der Stein fängt an zu reden sagte Sie – Mit einem Wort, es ist ein Meisterwerck wo die |:ohne all ihr Verdinst und Würdigkeit:| glückliche Frau Aja Besitzerin davon ist. Ja Theureste Fürstin! Dieser neue und große Beweiß von Dero Huld und Gnade gegen mich thut meinem Hertzen so wohl, erfült mich so mit Freude, Leben und Wonne, daß das alles, so wie ichs fühle auszudrucken oder an den Tag zu geben platterdings ohnmöglich ist. Nehmen Ihro Durchlaucht! den wärmsten und innigsten Danck von Mutter Aja in Gnaden auf und an – Und ich glaube, Unsere Beste Fürstin können doch so etwas ahnden, wie glücklich und selig mich dieses herrliche und über alles gehende Geschenck gemacht hat. Unser Freytags Concert ist sehr Briliant würde es aber noch weit mehr seyn, wenn die Spiegel vom Fürst Razevill aufgehengt wären, da sind sie schon lange – aber die Rahmen kommen zu theuer, da wartet den der alte Dick auf beßre Zeiten – und 200 Frauen und Jungfrauen müßen sich einstweilen mit einem Spiegel behelfen. Das liebe Frühjahr komt freylich heran aber ich habe weder Ahndung noch Freude – Gebe mann einem Menschen alle Herrlichkeiten der Welt was hielfts ihm wen er keinen Freund hat dem ers sagen kan – Eine Glückseligkeit die wir allein genüßen bleibt ewig nur halb – und das ist so ohngefähr mein fall – weder in noch außer dem Hauß habe ich jemand mit dem ich so ein Hertzens gesp[r]ächsel führen könte. Wissen Ihro Durchlaucht so etwas Freudenbringendes; so haben Sie die Gnade michs gantz in der stille mercken zu laßen niemand sols erfahren, und die vor-freuden haben auch einen großen Werth. Der lieben Freulein Thusnelde Brief habe erhalten und werde Pflichtschuldiger maßen ehestens antworten – Auch Gevatter Wieland soll eine Epistel voll Ruhm und Lob seiner guten Auführung wegen von mir zu theilwerden. Der alte Vater empfielt sich zu Gnaden, hatte große Freude über die Büste erkente Sie gleich, und wallfahrtete den gantzen Tag nach der Weimarer Stube. Auch Frau Aja empfielt sich zu ferreren Gnaden, und ist und bleibt ewig

Durchlauchdigste Fürstin!
Dero
Unterthänigste treugehorsambste Dienerin Goethe.

den 19ten Februar 1781


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