Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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42. An Wieland

Den 12ten Mertz 1779

Lieber Sohn und Gevatter! Die Sünde der Undanckbahrkeit liegt schwer auf mir – Sechs Briefger liegen mir vor Augen, eben so viel Mercure und Frau Aja hat eben ihrem lieben Wieland lange lange nichts gesagt ohngeachtet Er ihr so manche Freude mit Seinem Mercur gemacht hat, zu meiner Entschuldigung kan ich weiter nichts sagen als daß unserm Lieben Herr Gott Sein prächtig Wetter die größte Ursach meiner Faulheit im schreiben ist, Tag täglich Marschire ich durch Feld und Wald und Fluhr u.s.w. Gestern Abend als ich von einem herrlichen Spazirgang nach Hauße kam lasse ich Pervonte oder die Wünsche, hatte darob eine solche Freude, fühlte so gantz was Ihr vor ein herrlicher Mensch, vor ein lieber Wieland Seyd, und daß keiner vor Euch und schwerlich einer nach Euch seyn wird der in solcher Art von Gedichten und Erzählungen den grad erreichen wird den Ihr von Gottes gnaden, und der Mutter Natur empfangen habt. Da mir nun bey den leßen so wohl ward daß ichs Euch gar nicht beschreiben kan, ergrimmte mein Geist Daß ein Mann wie Ihr sich nothgedrungen sieht einem solchen Schuft von Buchhändler nur eine Zeile zu antworten. Bunckel wird immer und in Ewigkeit ein abscheuliches Buch; so wie Eure Recention ein Meisterstück bleiben und hirmit Gott befohlen. Laßen wir den fatalen Menschen fahren, und suchen auf andre Gedancken zu kommen. Ihr wißt doch lieber Sohn was mir unsere Liebe Frau Herzogin vor eine Freude gemacht hat? O wenn Ihr Frau Aja gesehen hättet! das war ein Geburths Tag! Ich habe zwar gleich auf der stelle meine Freude und Danckbahrkeit in einem Brief an Ihro Durchlaucht darzulegen gesucht, allein es sind nachher zu großem Vergnügen der Frau Aja noch solche Dinge mit der herrlichen Dose pasirt, daß ich ein Tagbuch drüber schreiben könte. Bölling kommt alle Tage um seine Andacht vor dem Liebevollen Anglitz unserer Theuren Fürstin zu halten – manchmahl reißt Ihn sein entzücken so hin daß Er sich gantz vergißt – So soll mich der Teufel holen |:ruft Er dann aus:| wenn ich begreife wie mann so einen Schattenriß machen kan – liebe Frau Aja fragen sie doch die weimarer wer das gemacht und ausgeschnitten hat, je mehr mans ansieht je unbegreiflicher kommts einem vor – es ist unsere Beste Fürstin mit Geist Seele und Leib – ich werde noch ein Narr drüber, und so ist Er im stände eine glocken-stunde immer in einem fortzureden. Freund Merck den ich seit dem vorigen November weder gesehen noch das geringste von Ihm gehört habe ist vermuthlich in seine Cartofflen, seinen Fuchs und dessen Füllen so verschammerirt daß Er alles drüber vergißt – Sanct Velden wird Ihn doch diese Meße herführen – O! was wird der erst zu meiner Dose sagen! Empfehlet mich ja unsere[r] Theuren Herzogin zu fernerer Gnade – die liebe Freulein Thusnelde versichert meiner aufrichtigen Freundschaft und Hochachtung – Freulein von Stein – Herrn von Einsidel – Herrn Krauße alles alles grüßt von Frau Aja den Papa mit eingeschlossen. Euer Weib das ein rechter Fruchtbahrer Weinstock ist, und Eure Öhlzweige, besonders meinen lieben Paten küßt und grüßt von uns 1000 mahl. Von mir wißt Ihr längst daß ich ewig bin, Eure wahre Freundin

Frau Aja


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