Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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22. An Caroline Großmann

Liebe Freundin!

Das Vertrauen so Sie zu mir haben freut mich ungemein, ich würde es Ihnen in einer langen Epistel noch deutlicher Vorlegen, wann nicht mein Hauß von oben biß unten mit schönen Geistern vollgepfropft wäre. Wielandt ist schon einige Tage da, auch Freund Merck. Herr Docter Wagner wirds Ihnen sagen, daß von Morgens biß in die liebe Nacht alles drunter und drüber geht, denn liebe Frau Gevatterin da Sie selbst einen Poeten zum Mann haben, und also aus Erfahrung wissen daß die Gattung Menschen in einem Tag mehr unfug anrichtet, als wir andern arme Erden-würmer in einem Jahr; so können Sie Sich leicht meine dermahlige Häußliche Unordnung und Verwirrung vorstellen. Dieses schreibe ich Ihnen früh Morgens um 6 uhr da alles noch in tieffen Schlaf begraben liegt. Sonst stehe ich freylich auch bey so dunckeler Jahrzeit so frühe nicht auf, aber Ihre Niderkunfft jagte mich aus den Federn. Tausendt Element dachte ich wenn die liebe Frau ins Kindbett käme und wüßte unsre nahmen nicht und sie Taufften das arme Kind in der Angst Ursula, Angnes, oder wohl gar Tristmegistus, Diesem allen Vorzukommen berichte dann, daß ich Catharina Elisabetha, mein Sohn aber Johann Wolfgang heisset. Nun liebe Frau Gevatterin! Gott seegne Ihre Niderkunfft ich werde mich auf alle gute Nachrichten von Ihnen freuen. Leben Sie wohl! grüßen den Herrn Gevatter, und küssen mein Goldiges Lottgen Tausendtmahl von mir und dem großpapa, Behalten Sie uns in gutem Angedencken, biß wir uns wieder von Angesicht sehen und seyn Versichert daß ich bin

Ihre
aufrichtige Freundin
C. E. Goethe

Franckfurth d 19ten Decembr 1777

N. S. Mein Mann empfiehlt sich Ihnen aufs Beste.


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