Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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60. An die Herzogin Anna Amalia

Durchlauchdigste Fürstin!

Ja wohl ist mir alles was von Weimar kommt, ein Bote und Herold der Freude und des Vergnügens. Was kümmerts michs wie er gestaltet, was kümmerts michs was er treibt und was sonst seines thuns und Wesens ist; kriegt Frau Aja doch Nachricht, wies in dem Lieben lieben Weimar geht und steht – kriegt Nachricht wie die wahren großen Fürsten seelen Sich befinden – wird überzeugt daß noch, noch in allen gnaden an Mutter Aja gedacht wird. Ja Gnädigste Fürstin Dero liebevolles gnädiges Schreiben und der gantz vertreffliche Brief unsers Gnägigsten und Besten Fürsten, haben mir Feyertage gemacht, die nur Gott und ich weiß. Freylich hätte ich nur eine einzige Freundin, eine einzige theilnehmende Seele, so hätte meine Wonne und Freude den höchsten giepfel erreicht, denn ein Vergnügen das mann niemand sagen kan, bleibt allemahl nur halb. Was kan ich aber machen – vor der Hand ist das nun jetzt eben Frau Aja ihr trauriges Looß – doch Gedult, es hat sich in meinem Leben schon so manches wunderbahre zu getragen, das am Ende immer gut war, daß ich gewiß hoffe, mann spielt jetzt am 4ten Ackt, der 5te ist nahe, es entwickelt sich und geht alles brav und gut. Wielands trefliches Werck genandt Oberon, habe zum erstenmahle verschlungen, hernach wie ein vernünfftiger Mensch mich dabey geberdet und es langsam und ordendtlich gelesen. Sohn, Freund und Gevatter Wieland, soll so bald sich nur die Meße ein wenig verlaufen hat |: denn jetzt habe ich manchen Tag keine halbe stunde frey :| ein eigenhändiges Schreiben von mir erhalten: worinnen nebst dem wärmsten Danck eine Beurthteilung in Frau Aja manir erfolgen soll. Theureste Fürstin! So eben kommt die Büste von unserm Besten Fürsten bey wohlbehalten an. Die Freude und Wonne den Jubel, über dieses so gnädigste Fürstliche Andencken nur einiger maßen zu beschreiben, das ist mir platerdings ohnmöglich. Weimar ist eben dazu erkohren, uns mit Freude und Wonne zu überschütten – da ists nun freylich kein Wunder alles was von Weimar komt, und nur einem Menschen gleich sieht, mit einem freundlichen Anglitz anzublicken – zumahl wenn es noch obendrauf, so höfflich und dinstfertig wie Herr Commerien Rath Paulsen ist. Ich habe den braven Mann nicht so betrüben wollen diesen Brief auf die Post zu geben, indem Er mich gar angelegenlich bate, durch Ihn die Rückantwort an Ihro Durchlaucht gelangen zu laßen, sonst hätte ich gewiß ehender auf Dero gnädiges schreiben geantwortet.

Das Schweitzer Drama von Bruder Wolf mögte ich wohl aufführen sehen, besonders den schönen Wedel als Bauer, da mag Er einem gar hübschen pursch gleich sehen. Wir haben diese Meße die Chur Cöllischen Hofschauspieler hir, Großmann, und der alte Hellmuth sind die Direckter: den Julius von Tarent machten sie gar brav, besonders Großmann als Fürst, Opitz als Julius, und Steiger als Guido verdienten allen Beyfall. Darf ich Ihro Durchlaucht unterthänigst bitten unsern Sohn vielmahls zu grüßen, desgleichen auch Freulein Thusnelde und Ihr zu sagen, daß Ihr Machwerck in gantz Franckfurth herum Marschiren muß, und überall Lob und Ruhm davon trägt. Ihro Durchlaucht verzeihen, daß ich Ihnen mit so einer langen Epistel beschwerlich geweßen bin, jetzt nur noch die alte Bitte, daß Unsere Beste Fürstin, Frau Aja und alles wer ihr angehört, beständig in gnaden gewogen bleiben wollen, ich an meinem geringen theil, bin mit Leib, Seele, und Geist

Unserer Besten Fürstin
Untertänigste treugehorsamste
Dienerin
C. E. Goethe

Franckfurth d 31ten Mertz 1780

N. S. der Vater empfiehlt sich zu ferneren hohen gnaden.


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