Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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110. An Louise von Göchhausen

[Ende Februar 1785.]

Mein Theures Freulein!

Des Danckes viel,
Vor deinen Brief im gereimten Stiel
Wolte mich freuen mit Hertz u Muth
Wen mirs gerithe auch so gut.
Aber als mich meine Mutter gebahr.
Kein Poeten Gestirn am Himmel war;
Doch – will ichs machen so wie ichs kan
Ein kleiner Mann, ist auch ein Mann,
Wir können nicht alle Wielande seyn
Der macht dir den Reim so nett u rein
Keiner kans beßer in Prosa sagen
Das thut einem freylich dann wohl behagen.
Auch habt Ihr der großen Leute so viel
Daß beßer wär, unsereins schwieg still.
Doch lirum larum Dudelein,
Laßen wir die großen Männer seyn:
Und reden jetzt zu dieser frist,
Wie uns der Schnabel gewachsen ist.
Also zum Zweck! Habe 1000 Danck,
Von Mutter Aja Lebenslang,
Vor deine liebe drey Briefelein,
Die mir wohlthaten im Hertzen mein.
Der Erste überzeugte mich gantz,
Vom völligen Wohlseyn des Häschelhanz,
Der zweyte erzählt was ein Profeßer sagt
Der über das Leben der Menschen wacht,
Der Brave Mann beweißt mit gründen
Die gar nicht sind zu überwinden;
Mann müße hübsch Eßen u Trincken auf Erden,
Wenn Einer nicht wolle zum Leichnam werden.
Nun kommt der Dritte, der ist gar schön.
Und lieblich und freundlich anzusehn.
Hat grün Papier thut den Augen gut.
Gießt Hoffnung ins Leben macht wohlgemuth –
Da freust du dich nun mächtig gar,
Daß Mutter Aja gebohren war,
In Franckfurth der berühmten Stadt
Die große Häußer, kleine Köpfe hat;
und wünschest Glück mit so biederm Muth,
Das that Frau Aja treflich gut.
Vor alles das dancke hertzlich dir,
Bin deine Freundin für und für.
Und hoffe noch in diesem Jahr,
Dich zu sehn mit meinen Äugelein klahr,
und dir zu sagen daß ich bin
Deine treue Freund u Dienerin

Frau Aja.

N. S.

Ich bin sehr begierig dein Machwerck zu sehn.
Drum laß das Ding nicht länger anstehn,
und schicke es eilig und geschwind,
mit dem Postwagen, der geht wie der Wind.


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