Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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192. An Christiane Vulpius

den 20ten Juni 1793

Daß Ihnen die überschickten Sachen Freude gemacht haben, war mir sehr angenehm – tragen Sie dieselben als ein kleines Andencken von der Mutter deßjenigen den Sie Lieben und hochachten und der wircklich auch Liebe und Hochachtung verdient. Zehn kurtze Tage war Er nur bey mir und seinen Freunden – wir lebten herrlich und vergnügt – und trösten uns auf seine Wiederkunft – und hoffen Ihn alsdann etwas länger zu genießen. Sie können nicht glauben wie lange uns die Zeit wird, biß Maintz wieder in deuschen Händen ist – denn so lange die Freitheits Männer es im Besitz haben, dürfen wir noch nicht Jubiliren – Doch Gott Lebt noch! und es kan alles beßer gehen als viele jetzt glauben –: Ein einziger Augenblick kan alles umgestalten: sagt Gevatter Wieland – und Gevatter Wieland hat recht. Verzeihen Sie daß Ihnen von Kriegs und Kriegs-geschrey so was vor tragire – wir sehen und hören aber Tag-täglich nichts als Bomppen – Kuglen – Pulver Wägen – Blesirte – Krancke – Gefangne u. d. g. Tag und besonders Nachts gehts Canoniren beynahe an einem fort – da ists nun freylich kein Wunder, daß im Reden und Schreiben imer von der Sache was heraus kommt – da mann freylich etwas beßeres und Intereßanterer reden und Schreiben tönte und solte. Das soll auch jetzt sogleich geschehen – indem ich mich nach dem befinden des kleinen lieben Augst erkundigen will – ich hoffe er ist Gesund und munter? sagen Sie ihm wenn er hübsch geschickt wäre und das A. B. C. lernte; so wollte ich ihm herrliches bon bon – und schöne Spielsachen schicken. Nun Leben Sie wohl und vergnügt! Dieses wünscht von gantzem Hertzen

Ihre
Freundin
Goethe.


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