Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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29. An die Herzogin Anna Amalia

Franckfurth d 16ten October 1778

Theureste Fürstin! Tausendt Danck vor das gnädige Anden[ken] an Mutter Aja Die überschickten Lieder werden von mir gesungen und gespielt daß es eine art und schick hat, doch über das von Ihro Durchlaucht Componierte Sieh mich Heiliger – geht nun eben gar nichts, das bleibt nun Tag täglich auf dem Clavier Pult und wird allemahl zu erst und zuletzt gesungen. Vor 14 Tage ist Schlosser mit seinem Weib von hir weg, ich begleidete Sie biß nach Darmstadt und hatte bey der Gelegenheit auch wieder einmahl einige frohe Tage mit Mercken, daß das Andencken an Unsere Beste Fürstin den Haubtinhalt unseres Gesprächs und unserer Freude ausmachten, das versteht sich von selbst. Ich hatte das Vergnügen wieder Menschenkinder von Weimar bey mir zu sehen, nehmlich Herrn von Stubenvoll nebst seiner Frau Gemahlin Ferner Herrn von Staff – die musten dann wie billig mir viel viel von Weimar erzählen. Gestern war Weinlese hir, es war noch zimmlich Wetter und alles war frölich, mir aber fiel der Herbst von 1772 ein da der Docter und Hoffrath Schlosser mit wachs lichtern auf den Hüten wie geister im neuen weg herum gingen, da waren noch viel andre und bessre Zeiten vor Frau Aja. doch wirds vielleicht einmahl wieder Lustiger und munterer um und neben mir: wollen das Beste hoffen. Merck besteht drauf daß ichs Frühjahr mit Ihm nach Weimar müßte – vor der Hand kan ich die möglichkeit noch nicht so recht einsehen, wollens also einstweilen bey dem goldnen spruch: Sorget nicht vor den andern Morgen, beruhen lassen. Das Jahrmarcks-Fest von Plundersweiler möchte wohl mit anschauen, und die austheilung der Rollen wissen – die gnädige Freulein Thusnelde ist wohl so gnädig mir eine getreue Relation davon abzustatten, ich werde Dieselbe in einem eigenen Schreiben auf das höfflichste drum ersuchen. Bölling legt sich Ihro Durchlaucht zu Füßen, und wenn Er nur Dero Nahmen hört ist Er ein gantz anderer Mensch, auch scheints Ihm nicht glaublich wieder so einen herrlichen Sommer zu erleben, wie der von 1778. Ich hoffe daß die Laterne nunmehro bey der Hand seyn und alle Sterne überleuchten wird. Der Vater danckt mit gerührtem Hertzen vor das gnädige Andencken und freut sich hertzinniglich daß unsere beste Fürstin seiner noch immer in gnaden denckt. Dieses ist nun auch was Frau Aja vor ihre Person Unterthänigst bittet und begehret und in der vesten Zuversicht, daß dieses mein gesuche in gnaden erhört werden wird, unterzeichne ich mich als

Ihro Durchlaucht
Unterthänigste und treugehorsamste Dienerin
C. E. Goethe


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