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Fr. den 1. März 1790.
Lieber Sohn! Das Erste warum ich Ihnen bitte, ist meinem Sohne zu danken wegen seines 6ten Bandes, Tasso und Lilla sind mir neu – und ich hoffe viel Vergnügen davon zu haben. Ferner berichten Sie ihm, daß sein römisches Carneval auf dem Hofball in Maynz mit aller Pracht ist aufgeführt worden, – dieses läßt ihm Mama la Roche nebst ihrer herzlichen Empfehlung vermelden. Der Tod des Kaisers hat unsere Stadt zu einem lebendigen Grabe gemacht; das Läuten aller Glocken, welches 4 Wochen täglich zweimal, nämlich Morgens von 11 bis 12 und Abends von 5 bis 6 Uhr geschieht – hat einen so lugubren Ton, daß man weinen muß, man mag wollen oder nicht. Der ganze Magistrat in tiefer Trauer – die Garnison schwarz, mit Flor Alles umwickelt, – die kaiserliche Werbung, die Räthe, Residenten u.s.w. Alles, Alles schwarz, – das hat ein überaus trauriges Ansehen. Künftigen Sonntag den 7ten März ist bei allen drei Religionen in allen Kirchen Leichenpredigt – unsre Hauptkirche wird ganz schwarz behängt, – Jung und Alt erscheint in tiefer Trauer – Sänger und Sängerinnen sind zur Trauermesse verschrieben und dieser einzige Umstand kostet 2000 Flor. Sollte die künftige Krönung näher rücken, so wissen Sie Ihr Plätzchen – auch habe ich dann einen Plan im Kopfe, dessen jetzige Mittheilung noch zu früh und zur Unzeit wäre. Erlebe ichs, – nun kommt Zeit kommt Rath. Empfehlen Sie mich Ihrer Frau Mutter und glauben daß ich ewig bin
Ihre
wahre Freundin
E. G.