Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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167. An Fritz von Stein

Fr. den 1. März 1790.

Lieber Sohn! Das Erste warum ich Ihnen bitte, ist meinem Sohne zu danken wegen seines 6ten Bandes, Tasso und Lilla sind mir neu – und ich hoffe viel Vergnügen davon zu haben. Ferner berichten Sie ihm, daß sein römisches Carneval auf dem Hofball in Maynz mit aller Pracht ist aufgeführt worden, – dieses läßt ihm Mama la Roche nebst ihrer herzlichen Empfehlung vermelden. Der Tod des Kaisers hat unsere Stadt zu einem lebendigen Grabe gemacht; das Läuten aller Glocken, welches 4 Wochen täglich zweimal, nämlich Morgens von 11 bis 12 und Abends von 5 bis 6 Uhr geschieht – hat einen so lugubren Ton, daß man weinen muß, man mag wollen oder nicht. Der ganze Magistrat in tiefer Trauer – die Garnison schwarz, mit Flor Alles umwickelt, – die kaiserliche Werbung, die Räthe, Residenten u.s.w. Alles, Alles schwarz, – das hat ein überaus trauriges Ansehen. Künftigen Sonntag den 7ten März ist bei allen drei Religionen in allen Kirchen Leichenpredigt – unsre Hauptkirche wird ganz schwarz behängt, – Jung und Alt erscheint in tiefer Trauer – Sänger und Sängerinnen sind zur Trauermesse verschrieben und dieser einzige Umstand kostet 2000 Flor. Sollte die künftige Krönung näher rücken, so wissen Sie Ihr Plätzchen – auch habe ich dann einen Plan im Kopfe, dessen jetzige Mittheilung noch zu früh und zur Unzeit wäre. Erlebe ichs, – nun kommt Zeit kommt Rath. Empfehlen Sie mich Ihrer Frau Mutter und glauben daß ich ewig bin

Ihre
wahre Freundin
E. G.


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