Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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164. An Louise Schlosser

Den 14ten October 1789

Liebe Louise!

Daß dir das überschicke Buch Freude gemacht hat ist mir sehr lieb und ich wünsche nichts so sehr, als dir und deinen Lieben Geschwistern immer ein kleines Vergnügen verschaffen zu können. Die Freulein von Clermont sind gar liebe Kinder – aber ich habe Sie zu kurtze Zeit gesehen zu wenig Umgang mit Ihnen gehabt um zu bestimmen welche mir am besten gefallen hätte. Sie erinnerten sich mit vielem Vergnügen an Ihren Aufenthalt bei Euch – und sagten mir so viel liebes und gutes von Euch allen, welches mir dann sehr erfreulich war. An Tante Bognern meinen besten und schönsten Gruß und das verlangte Buch wolte ich sehen obs zu bekommen wäre – und es als dann überschicken. Daß du meine gutgemeinte aber sehr gekritzelte Briefe so werth hälst daß du sie so wohl aufhebst freut mich gar sehr – denn Schreiben ist eben so eigentlich meine Sache nicht – und meine Briefe haben wen ich nicht gantz besonders dazu aufgelegt bin – gar oft weder Muster noch geschick – Destomehr schmeichelt es mir, daß du sie so viel werth hälst um sie aufzuheben. Ja wenn ich so schön schriebe wie meine Luise! Potz Fischen! Da solte die gantze Christenheit Briefe von mir erhalten – nun nun jeder hat so seine eigne Gabe – und wen ich in den langen Winter Abenden bey Euch wäre wolte ich mein Licht schon leuchten laßen und Euch durch Anmuthigen Geschichten, schöne Mährlein die Zeit so vertreiben – daß es eine Art und schick haben solte. Jetzt muß ich noch an die liebe Julie schreiben, Lebe also vordießmahl wohl und behalte lieb

Deine
treue Großmutter
Elisabetha Goethe.

N. S. Eben hatte ich Juliens Brief geendigt – und wollte noch an Eure Liebe Mutter schreiben – als ein Besuch kam der mich biß kurtz vor Abgang der Post abhielt – Diese Briefe wolte nun nicht liegen laßen – grüße die Mama und sage Ihr daß ehestens ein langes Schreiben an Sie ergehen würde jetzt fort auf die Post. In große Eil.


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