Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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13. An J. B. Krespel

Franckfurth den 1ten Febr. 1777.

Lieber Sohn! Auf der einen seite hat mir Ihr Brief große Freude und Wonne gemacht, denn alles was von Ihnen mein Bester kommt vergnügt mich. Aber um Gottes willen sagen Sie nur was das vor ein trauriger Thon ist, der Ihrem Brief das Ansehen vom Propheten Jeremia in seinen Klagliedern giebt. Auf das Regenspurg habe ich nun Zeit meines Lebens einen unversöhnlichen Haß, das muß ein garstiger Ort seyn wo mann unsern lieben Braven Crespel kräncken und seinen trefflichen Caracter verkennen kan. Eine Stange Gold von 40 Pfundt ohne allen Stemppel ist doch warlich besser als ein ¼ Ducätgen welches noch so schön geprägt und von Juden und Christen vor gang und gäbe gehalten wird. Verdinste bleiben Verdinste, und werden von allen Rechtschaffenen Leuten gefühlt und hochgeschätzt, um der andern seidnen Buben ihren Beyfall oder Thadel braucht sich ein ehrlicher Kerl nicht zu bekümmern. Denckt durch was alles Euer Bruder der Doctor sich hat durchschlagen müssen was vor Gewäsch, gedräscht Lügen u. s. w. bloß weil die Leute nicht begreifen konnten, wie mann ohne von Adel zu seyn Verstandt haben könte. Fasset also Eure Seele in Geduldt, machtet daß Ihr Euer geschäffte bald in ordnung bringt, alsdann flieget zu uns. Mit aller Freundschafftlichen Wärme solt Ihr empfangen werden drauf verlaßt Euch. Wir kennen Euren inern Werth und was Ihr wiegt, und wir nicht allein sondern andre gute Menschen wissens auch, unter denen grüßt Euch besonders Jungfer Fahlmern, die Frau Residentin, und die Gerocks. Alle Samstag reden wir vom Bruder Crespel, und bedauren daß Ihr uns nicht lachen helft. Wir haben jetzt ein Steckenpferd welches uns ein groß gaudium macht, das ist die neue Deusche Opera von Herrn Professor Klein in Mahnheim, Günther von Schwartzburg. Sie ist von der löblichen Samstags Gesellschaft mit Noten, Anmerkungen, ja so gar mit Handzeichnungen verbessert und vermehrt worden. Ferner hat uns Phillipp ein Verzeichniß von den Weimarer Carnevals Lustbarkeiten zugeschickt, wo unter andern eine Tragedia mit vorkommt welche den Tittel führt, Leben und Thaten, Tod und Elisium der weylandt berühmten Königen Dido von Carthago. Eine noch nie gesehne Tragedia in 31 Aufzügen. So ein Specktackel ists unter dem Mond weder gesehn noch gehört worden. Unter andern ist Hanß-Wurst Carthaigscher Burgemeister, und Nebenbuhler des Aeneas. Ferner ist die Scene in den ersten 15 Aufzügen auf der Erde und noch in dieser Zeitlichkeit; bald zu Carthago, bald im Walde, bald auf dem Marcke, bald im Zimmer u. s. w. Die folgenden 10 Aufzüge werden in der Hölle tragirt. Die 6 letzten aber spielen im schönen Elisium. Mit einem Wort, das Ding muß mann lesen wen der Unterleib verstopt ist und vor die Cur bin ich Bürge. Nun noch ein Wort von Herrn Herrich: Der ehrliche Mann soll nur entweder Euch die 18 gulden |: als welches seine Schuld beträgt :| geben, oder den Freund in Franckfurth nennen und eine Anweißung geben wo wir das Geld empfangen sollen, weiter brauchts in der Gottes Welt nichts. Ich und Herr Rath bedauern nur die viele Mühe die Euch das Ding veruhrsacht. Lebt wohl! guter bester! seyd versichert, daß ich bin Eure wahre Freundin und Mutter

C. E. Goethe.


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