Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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148. An Joh. Christian und Lotte Kestner

Frankfurth d 23ten Octobr 1788

Lieber Herr Gevatter!

Vortrefliche Frau Gevatterin!

Kein Kaufmann kan über einen starcken Wechsel der ihm presendtirt wird – und der den grund seiner Caße erschüttert mehr erschrecken – als ich über Dero zweyten Brief. Erlauben Sie mir, daß ich meine Rechtvertigung Ihnen vorlegen darf – und ich erwarte von Ihrer Gerechttigkeit Liebe – meine völlige loßsprechung. Bey empfang Ihres mir so erfreulichen Schreibens von 17ten September war ich kranck – mein Kopf war mir dumm und Mein Mund voller plassen – meine Zunge wie durchlöchert – welches alles große Schmertzen verursachte und mich zum Schreiben gantz unfähig machte. Noch in dieser fatalen periode kam Schlosser von Carlsruhe mit Weib und Kinder mich, die sie in 6 Jahren nicht gesehn hatten zu besuchen – Logirten in meinem Hauß – Sie meine Theuresten! Können Sich die Unruhe, das Visitten Leben leicht dencken – Ich noch halb kranck mußte alles mitbetreiben – da war nicht eine Minute Zeit an etwas zu gedencken – als Besuche – Gasterreyen u.s.w. Kaum waren sie fort, so hatten wir die Weinleße – die denn auch Zeit wegnahm – Summa Summarum 10 gantze Wochen lebte ich in einem beständigen wirr warr – und mußte meinen Danck vor Dero gütiges Zutrauen freylich wieder meinen willen aufschieben – Finden Sie dieße Gründe nun hinreichend; so laßen Sie mich ein wort des Friedens hören – das wird mir wohlthun, und mein Hertz erfreuen. Wie sehr es mich gefreut hat pattin von Lottens und Ihrer Tochter zu seyn können Sie kaum glauben – Gott erhalte Ihnen dieselbe – zur Ihrer Freude! nun etwas Herrn Hans Buf betrefend – wie Ihre liebe Frau hir war – so machte ich Ihr ein Geschenck von Den 4 ersten Theilen von Goethens Schrieften – eininge Zeit hernach schrieben Sie mir – daß Sie solche von meinem Sohn auch empfangen hätten – ich solte also sagen |: weil Sie keine doppelte Exemplare haben wolten :| an wen Sie solche geben solten. Ich decitirte vor Herr Hans Buf – da ich Ihm nun den 5ten theil vor einiger Zeit einhändigte – so sagte Er mir, daß Er die 4 ersten theile noch nicht hätte – und bate mich Ihnen zu erinnern Ihm solche zuzuschicken. Mein Sohn ist nun wieder aus Italien zurück, und befindet sich vergnügt und wohl. Die Frau Bethmann hat gestern an Ihnen geschrieben – Sie war auch kranck. Leben Sie wohl! Grüßen und küßen vor allen meinen Lieben Eduart – von derjenigen die unverändert ist

Meines Lieben Herrn Gevatters u Frau Gevatterin
treue wahre Freundin.
Elisabetha. Goethe.


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