Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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106. An die Herzogin Anna Amalia

Durchlauchdigste Fürstin!

Meine Freude war unbeschreiblich groß, einmahl wieder einen so genadenreichen Brief von unserer Theuren und Besten Fürstin zu erhalten! O! wie ofte war ich mit Hertz, Seele und Geist in dem mir so lieben lieben Weimar! Ihro Durchlaucht würden auch zuverläßig mehrmahlen mit Briefen von mir belästig werden, wenn der Gedancke von meinem Unvermögen mich nicht zurück hielte: denn was kan eine Frau wie ich, die in einem so beschränckten Circkel lebt einer Fürstin schreiben, Die alles was groß, was herrlich, was vortrefflich ist um sich herum hat, und das alles durch Ihre holde Gegenwart noch größer, herrlicher, noch vortrefflicher macht – Was kan |: ich sage es noch einmahl :| eine Frau wie ich da wohl Intresantes schreiben oder sagen! Aus Ihro Durchlaucht gnädigstem Schreiben ersehe aber zu meinem großen Trost, daß wir hir doch etwas haben das beßer ist als in Weimar nehmlich das Schauspiel – Es sind Leute drunter, die schon auf den besten Theatern Teuschlands mit Ruhm geehrt worden sind und die ihrem Ruhm stehen. Vor 14 Tagen hatten Wir ein groß gaudium! Die Herren Ifland und Beck Schauspieler von Mannheim spielten eine gantze Woche hir – unterandern machte Ifland in der verstelten krancken den Tauben Apotecker und der Jubel und das gelächter war so groß, daß die Schauspieler mit angesteckt wurden, und alle mühe von der Welt hatten im gleiße zu bleiben und sich nicht zu prostituiren. Vor die guten Nachrichten Die Ihro Durchlaucht die Gnade gehabt haben, mir von meinen vielgeliebten Sohn zu berichten, dancke in Unterthänigkeit und freudig gerührtem Hertzen, und empfehle ihn zu fernern Hohen Gnade. Aus den Zeitungen habe ersehen, daß unser Durchlauchdigster Herr Herzog außer Seinem Lande ist, Gott gebe Ihm eine glückliche Reiße!!! Ihro Durchlaucht haben die Gnade Freulein Thusnelde von mir aufs freundlichste und Hertzinngigliste zu grüßen. Gerne mögte ich an Gevatter Wieland, Freund Bode und Heren Bertuch das nehmliche thun, aber Ihro Durchlaucht damit zu beschweren das unterstehe ich mich nicht. So bald es die Witterung zuläßt, sollen Schwartemägen von der besten Fabrick sich einfinden – Mir wird es die größte Gnade seyn, wenn Ihro Durchlaucht davon speißen und Derjenigen dabey sich erinnern, die biß ans Ende ihrer Tage ist

Durchlauchdigste Fürstin!
Dero unterthänigste treugehorsambste Dienerin
Goethe.

den 13en November 1784


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