Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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35. An die Herzogin Anna Amalia

Den 9ten Februar 1779

Durchlauchtigste Fürstin!

Aller Seegen Gottes über Ihro Durchlaucht, über unsern besten Fürsten und Herzog, über seine Durchlauchtigste Gemahlin, über Den Theuren Printz Constantin, und über Die Liebe kleine Printzeß Amalia. Gott vermehre die Zahl solcher vortrefflichen Fürsten und Fürstinnen: Er laße biß ans Ende der Tage, zum trost und zur Ehre des Menschen geschlechts Dem Lande Sachsen Weimar und Eissenach es nie an solchen Regenten und Regentinen fehlen, die Einen Carl August und Einer Amalia |: Diesen großen Vorgängern :| nacheiffern, um Ihre Unterthanen eben so glücklich zu machen als diese vortreffliche Fürsten-Seelen es in der that und Wahrheit gethan haben, und alles Volck soll sprechen Amen. Die liebe Freulein Thusnelde |: Die auch ehestens ein Briefelein von Mutter Aja empfangen soll :| hatte die güte mir die Reiße von Ihro Durchlaucht nach Leipsig zu berichten, und da die großen dieser Welt zu merckwürdig sind und die andern unbedeutende Erdensöhne von großen Herrn gar gern reden und schreiben; so stunde die Reiße von Ihro Durchlaucht in allen hisigen Zeitungen. Ich freute mich von Hertzen daß unsere Theureste Fürstin Vergnügen und Wonne fühlte Diesen vortrefflichen Printzen Leopold einmahl wieder zu sehen und an Ihr großes und edles Hertz zu drücken. Ihro Durchlaucht haben die gnade zu sagen, ich würde Ihn lieben wenn ich Ihn kente – das thue ich von gantzem Hertzen, ist Er nicht der Bruder von unserer gnädigen, Besten Fürstin Amalia? Ihro Durchlaucht sind überzeugt, daß Frau Aja ihr höchstes Ideal ihr größter Wunsch der ist, das holdselige und freundliche Angesicht von meiner Theuren Fürstin in diesem Leibes Leben nur noch einmahl |: mehreres wäre zu viel gewünscht :| zu sehen – auch sagt mir mein Hertz, daß es geschehen werde, wie bald aber und ob Frau Aja und der Frühling zusammen in Weimar eintreffen werden, das weiß Gott. So oft der Vater etwas von Ihro Durchlaucht sieht oder höret, so wird Er jung wie ein Adler – nun können Ihro Durchlaucht leicht dencken wie Dero gnädiges Andencken in Dero letzem schreiben sein Hertz ergötzt hat – Die fortdauernde Gnade von Ihro Durchlaucht ists warum er bittet – Daß der Herr geheimde Legations Rath Häschelhanß sich wohlbefindet hat uns sehr gefreut, auch daß er brav Schlittschu gelaufen ist. Seine in dieser kunst hir zurück gelaßne Schüler, als Bölling, Rieße, Metzler u. s. w. haben diesmahl die sache in einen rechten schwung gebracht, zumahl da der Mayn zu war. Den Brief an Bölling habe so gleich bestelt; was wird der vor ein gejauchze verführen! Ohngeachtet mein Brief schon eine schöne länge hat, muß ich doch noch eins sagen. Das überschickte Porträt vom Docter macht uns Tag täglich viele Freude, alle Welt kent ihn beym ersten Anblick – Wir dancken nochmahl davor, wie vor alle andre gnaden und Wohlthaten, und sind biß auf den letzen pulps schlag

Ew. Durchlaucht
unterthänige gehorsamste
Goethe


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