Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

213. An Goethe

den 5ten May 1794

Lieber Sohn!

Sobald Lippold seine Meßgeschäfte zu Ende gebracht hat; so wirst du die Bücher nebst deinem überschickten Heft erhalten – Auch soll das Tuch zu den Halsleinen und der Batist mitkommen. Zu Euerer nochmahligen Beruhigung gebe ich Euch mein Ehrenwort, daß Mama la Roche gantz gewiß nicht kommt. Sie ist sehr kranck geweßen und ist es zum theil noch, das mag die Ursach ihres nichtschreibens geweßen seyn – über den Punct Seyd also völlig ruhig. Jetzt eine Bitte und Auftrag von Madame Stock, im Fall die Fächer noch nicht in Rahmen sind, solche nicht machen zu laßen, sondern nur eine Rahme über die andern Beyde verfertigen zu laßen – Ursach – weil Sie von ihrem Bruder noch mehr Zeichnungen aus Italien erhalten die sich beßer zu Tablo |: weil sie die Form haben :| schicken als die dreyeckige der Fächer. Gerning war hir, und zwar in Dulci Jubilo – Er hat prächtige presendte vom König und der Königin von Neapel erhalten – du wirst das mehrer von Ihm sebst erfahren. Der Brief an Nothnagel ist bestelt. Wir haben ja eine gantze Karavanne von Sänger von deinem Theather erhalten! Herr Weyrauch debütite als Hironimus Knicker und gefiel recht gut – desgleichen Madam als Konstanse in der Entführung – von Anfang war sie etwas verpflüpfst – denn es war das Hauß gedrück voll – gegen das Ende gings besser – auch wurde Sie durch applaudiren aufgemuntert – aber als Königin der Nacht – da konte Sie kein Wort von der Rolle – da war mir angst und bange – das zweyte mahl ging aber beßer – das Hanchgen im Trüben ist gut fischen – hat Sie recht brav gespielt und gesungen. Herr Demmer! das ist ein herrlicher Mann – den Tamino hat er vortreflich gespielt – und unsere Opern haben durch ihn sehr gewonnen – seine Frau ist nur als Claudia einmahl aufgetretten – da kan mann noch nicht viel sagen. Vorrige Woche ist die Zauberflöte zweymahl bey so vollem Hauße gegeben worden, daß alle Thüren offen bleiben mußten sonst wäre mann vor Hitze erstickt! Mein Lieber Fritz Stein ist noch hir, und lebt wie der Vogel im Hanfsaamen stetzt Lustig Heysa Hopsasa – Er ist immer noch der Liebe junge der Er vor 9 Jahren war. Wie mir es geht? hertzlich erbärmlich. Die Bibliotheck wird wohl das erste seyn was ich mit Ehren vom Halsse kriege – Hätten die Ohnehoßen so viel Wein getruncken als mann ihnen Schuld gibt; so wäre jetzt nicht möglig so eine enorme menge Weine noch vorzufinden, da vergeht keine woche, wo nicht in den Maintzer Gegenden 50. 60. und mehrre Stücke des besten Weins feilgeboten werden – da sitze ich denn, und ist nicht die geringste Nachfrage. Auch mit der Schätzung des Haußes bin ich sehr unzufrieden – dencke 14000 t im 22 f fuß!! Freylich werde ich es nicht so weg geben – aber ich kan doch auch die Schätzung nicht vorweißen – ohne mir thort zu thun. 20000 f hat es der Vater mit den Mobilien geschätzt. Jetzt muß ich andre Leute ins Spiel ziehen – und sehen obs beßer geht – daß du von allem Nachricht haben sollst, versteht sich. Noch eins! Ich habe in einem zimmlich großen Kasten Handzeichnungen und andre dahin einschlagenden Dinge, die ich mit fleiß nicht in den Catalog habe bringen laßen, vor dich zurück gelegt, und werde solches alles mit den Büchern mitschicken – obs aber gute oder schlechte Dinge sind verstehe ich nicht. Wenn etwa Ihro Hochfürstliche Durchlaucht die Regirende Frau Herzogin eine Oberhoffmeisterin brauchte so hat sich bey mir eine Frau von Schilden gebohrne Gräfin von Rantzau gemeldet – Sie ist von ihrem Mann geschieden – und geht ihr kümerlich – will sogar ohnendgeldlich in Dinsten tretten – ist eine gute Freundin von Sopfie Bethmann – und in dieser Rücksicht habe es doch Schreiben müßen, um sagen zu können ich hätte es geschrieben. Lebe wohl! Behalte lieb

Deine
treue Mutter
Goethe.


 << zurück weiter >>