Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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218. An Goethe

den 15ten Augst 1794

Lieber Sohn!

Ich muß dir Bericht von unserm Hauß erstatten und wie biß jetzo die Sache ist betrieben worden – erbitte mir über das alles eine prompte und die Sache entscheidende Antwort – denn nichts ist fataler als das nicht wißen was mann eigendtlich thun oder nicht thun soll. Zwey Mackler haben es vor ohngefähr 3 Monath besehen da der Preiß ihnen aber vermuthlich zu hoch war blieben sie weg – nun kam der Lermmen die Frantzosen kämen – da war nathürlich alles stille – Gestern meldete sich ein Käufer der botte 22000 f in 24 f fuß – 30000 f ist zu viel und das obige ist kein gantz schlechtes Gebot – aber erhöhet kan es villeicht doch noch werden – ich dencke vor 24000 f könte mann es laßen – das größte wäre 25000 f – doch hat das alles so keine Eile – ich will nur gewiß seyn worauf ich halten soll. Ich verkaufe – ich behalte es, alles wie du und Schlosser die Sache betrieben haben wollest ein Stückgen Allwißenheit wäre jetzt so übel nicht! Gibts bald Friede so könte mann noch warten – sollten aber die Francken das gantze Reich überschwemmen und in ihren Siegen fortfahren – so mögte freylich in einem Winckelgen meiner Vaterstadt ohnbesorgt vor Hauß und Hof ruhig dem Specktackel zusehn. Ihr Männer die Ihr die Sache beßer einsehn müßt als ein Weib das nicht das geringste davon versteht – Ihr müßt Rath ertheilen – meinen Rücken will ich ein vor allemahl frey haben – ich bin gantz Resingnirt – ich verkaufe ich laße es seyn – wie Ihr wolt – so theuer Ihr wolt u.s.w. Mit dem Aufbauen einer Wohnung worauf ich mich so freute gehts nicht. Der Mann kan kein Geld bekommen – die Leuthe die jetzt so was mit fremdem Geld unternehmen wollen, sind sehr übel dran – die Capitalisten geben ihre Gelder auswerths – um nicht alles an einem Fleck zu haben – ich selbst habe auf Anrathen Herrn Schöff Schlosser 3000 f an Churpfaltz zu 5 procent ausgeliehen. Eine Wohnung hätte ich folglich noch nicht – allein das soll der Sache kein Hindernüß in den Weg legen – ich will mich schon durchbringen. Jetzt überlege, und gib mir so bald als möglich |: den ich habe den Mackler auf die Antwort meiner Kinder vertröstest :| eine entscheidende Antwort. Die Mode Journahle die Mercure sind angekommen – aber das beste was ich von dir verlangte ist ausengeblieben – nehmlich der geschriebne Catalog von den Büchern die du empfangen hast – und den ich sorgfältig wieder auf dein Begehren mit den Büchern dir zurück geschickt habe – ist er noch vorhanden so habe die Güte ihn mir mit dem ersten Postwagen zu übersenden – solte er aber nicht mehr bey Handen seyn – so melde es wenigstens mit ein paar Worte – da müßten wir eben sehen – wie wir uns sonst aus der Verwirrung heraus hülfen. Schlosser ist nach Bareuth geflüchtet – sogleich werde auch an Ihn schreiben und mir seinen Rath und Meinung erbitten. Lebe wohl! Ich bin und bleibe

Deine
treue Mutter
Goethe.


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