Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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220. An Goethe

den 14ten September 1794

Lieber Sohn! Ich bin dir doppelten Danck schuldig den ich hirmit von gantzem Hertzen erstatte: Einmahl vor deinen letzten lieben Brief der mich von so großer Sorge und Bangigkeit befreit hat, und denn vor den geschriebenen Catalog den ich hirmit danckbarlichs zurückschicke – er hat uns gute Dinste gethan – aus Versehn waren nemlich Bücher im gedruckten Catalog z.E. Pitaval Rechtshändel angezeigt – die nun in der Bibliothecke nicht zu finden waren – aus deinem Catalog ersahen wir nun, daß sie in deinen Händen und nicht wie wir wähnten abhanden gekommen waren, und damit war es gut u.s.d.m. Gott lob und danck! das wäre nun auch vorbey! Verkauft sind sie – aber was draus gelößt worden ist weiß ich noch nicht – in der Meße haben die Ausruffer zu viel zu thun – um Rechnung ablegen zu können – Mit unserm Hauß ists noch immer stille – jetzt muß ich es gedultig abwarten – an Kopf schmeiße ich ihnen das schöne – gut unterhaltende Hauß gewiß nicht – zumahl da durch das Verzögern ein schönes vor mich paßendes Logie an andre vermithet worden ist – doch Gott! der mir von jugend an so viele Gnade erwißen hat – der wird schon ein plätzgen aus suchen, wo ich meine alten Tage ruhig und zufrieden beschließen kan.

Hirbey kommt ein einschlag von einem Schauspieler, den ich aber nicht kenne – von seinen Talenten also keine Rechenschaft ablegen kan – auch ein Brief von der Fiala – um dir zu sagen wie ich zur Einlage gekommen bin. Nun noch eins! Weiß du keinen Rath zu geben vor den Doctor Wolfgang Starck – den älsten Sohn des Pfarrer Starck? Dieser ist sein Vaterland müde und satt – alle Cabalen die gespielt werden zu erzählen wie die schlechtesten Subjekte ihm vorgezogen werden das wäre zu weitläufig – Er mögte also gern in ein ander Land als Amtmann – oder was er nur seyn könte wenn es auch nur 500 f eintrüge – an Schlosser will ich auch schreiben – freylich muß du ja niemandt von Verwandschaft ins Weimarische bringen das setzt kein gutes blut – auch ist das die Meinung nicht – sondern villeicht nach Deßau oder sonst – genung Er hat mich sehr darum gebethen – und ich lege es so hin.

Jammer und Schade daß du jetzt nicht hir bist – aber freylich früher hättest du kommen müßen – so ein Jahr ist seit 1748 nicht geweßen – gantze körbgen mit Pfirsingen wurden mir von guten Freunden verehrt – es kan seyn, daß der Herbst noch in die Meße fält – so reif ist alles – wenn nur Friede wäre – da wolten wir jublen!! Heute ist ein prächtiger Sontag – darum schreibe ich auch nicht eine Zeile mehr – ich Marschire auf und davon – Lebe wohl! Grüße alles in deinem Hauße – nochmahls meinen Danck! und Lebe wohl! das wird Seele und Leib erquicken

Deiner
treuen Mutter
Goethe.

N. S. Hier ein Stückgen Bordüre die in einem der Mercure gelegen hat – man kan immer so was brauchen.


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