Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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24. An Lavater

Franckfurth den 20ten Mertz 1778

Lieber Sohn! Der Papa hat ein großes Anliegen an Euch das Ihr aus inliegendem Zettel ersehen könt. Bruder Wolf ist wie bekandt ein Poet und hat das fehlende muthmaßlich verzettelt, wenn Ihr könt so helft daß das arme Exemplar nicht defect bleibt. Lieber Sohn! wie gehts Euch denn in dieser werckeltags-welt? was machen Frau und Kinder, alles ist doch noch hübsch gesund und wohl? Wann mir doch der liebe Gott noch eineinzigmahl, nur die Freude machen wolte Euch an meinem runden Tisch zu sehen. Euch noch einmahl bey uns zu haben, ist und bleibt eine meiner Lieblings ideen wovon ich mir oft die herrlichsten Mährgen erzähle. Diesen Winter haben wir nun auch Freund Wieland kennen lernen, wer diesen Mann sieht, und Ihn nicht lieb kriegt, über den sage ich mein Urtheil einmahl nicht. Er war nebst Freund Merck 8 Tage bey uns. = was war das wieder einmahl vor eine herrliche Zeit! Ihr wüßt das nicht so, denn bey Euch gibts der guten Menschen doch immer einige, aber bey uns!!!!!!! mir ist nur immer vor dem verrosten bange, wenn mann genöthigt ist mit lauter schlechten Leuten umzugehen, so ist 1000 gegen 1 zu wetten daß wenn mann nicht genau auf sich acht gibt – auch schlecht wird. Was macht denn Kauffman und sein liebes Weib? ich mögte Ihn doch als Haußvater sehn es muß Ihm recht gut zum Gesicht stehn Bruder Wolf befindet sich Gott sey danck wohl, ist in seinem Gartenhäußgen recht vergnügt, hat auf der Regierenden Frau Herzogin Geburths Tag ein schön stück Arbeit von einem Drama verfertig, wovon das Monodrama Proserpina einen theil aus macht. Er hat es uns zum durchlesen zugeschickt, denn es wird schwerlich gedruckt werden. Schlosser befindet sich nebst seinen Kindern gesundt, Klinger ist jetzt bey Ihm.

Lebt wohl lieber Sohn! grüßt Euer gantzes Hauß, auch alle lieben und Freunde, von uns seyd versichert daß wir sind und bleiben Eure wahre u treue Freunde.

C. E. Goethe

N. S. Wan es Euch möglich uns von des Docters feinem in Kupper gestochenen gesicht noch einige Abdrücke zu kommen zu lassen; so würden wir hertzlichen Danck davor sagen, die Leute plagen uns beständig und wollen so was zum Andencken haben.


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