Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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223. An Goethe

den 17ten November 1794

Lieber Sohn!

Es ist schon zimmlich lange daß wir nichts von einander vernommen haben – drum soll dieser Morgen gewidmet seyn, dir eins und das andre vorzutragen. Die Castanien wirst du erhalten haben? Den Confect bekomst du auf den Heiligen Christ – früher kan mann die Manigfaltigkeit nicht haben das ist die Ursach der Verzögerung. Der Vetter Wolfgang Starck braucht deine Hülfe nicht – er hat sich selbst eine Charge zugetheilt – Er hat ein Weib genommen und sitzt deßwegen gut oder schlimm in Franckfurth fest. Siebenstück Modejournal und Siebenstück Mercure sind in meinen Händen – gelegenheitlich erbitte ich mir die folgenden. Lieber Sohn! Ich ersuche dich sehr angelegentlich die Sachen die du von Herrn Stock in Händen hast – doch bald möglichst Retour zu schicken – ich bin schon so ofte drum gefragt worden |:Es ist ein precium affectionis:| ich weiß denn niemals eine rechtliche Antwort zu geben, und bin jedesmahl in Verlegenheit – Ich bitte dich also nochmahls spedire die Sachen bald – und wilt du dich bey Stocks |:die wie du selbst weiß sehr gute Menschen sind:| recht insinuiren so laße ein paar Zeilen die Sachen begleiten. Adreßire sie an mich – ich will gerne das porto des Postwagens bezahlen – damit sie franck und frey in Ihre Hände kommen. Bey uns fängt die Gefahr wieder an zu wachsen – mann fürchtet daß das arme Maintz wieder eine Belagerung auszustehen hat – das war wieder ein Ruhmvoller Feldzug vor die Deuschen!!! Zum Ruhm muß mann Ihnen nachsagen, daß sie sich hir recht wohl befinden. Meine jetzige Einquartirung ist gut, und belästigt mich sehr wenig – Oberauditer Lückdicke nebst seiner Frau – und einem Bedinten – das geht an – Zwar kochen sie in meiner Küche – brauchen meine Mägde als wärens ihre eigne – aber alles das macht keine große Unruhe – dann etwas muß mann doch tragen. Übrigens befinde ich mich sehr wohl nach Leib und Seele – weiß von keiner Furcht – laße kommen was ich nicht ändern kan – geniße das gegenwärtige – und da ich die Speichen des großen Rades nicht aufhalten kan; so wäre es ja Narrheit drüber zu greinen daß mann so schwach sich fühlte. Noch eins! Ich mögte deinem Augst gerne zum Heiligen Christ eine kleine Freude machen – etwas zu einem Kleidgen – oder Spielsachen u.d.g. Gehe mit deiner Freundin zu rathe und schreibe bey Zeiten – damit ichs zeitig besorgen kan. Jetzt Lebe wohl! Grüße dein gantzes Hauß und behalte in gutem Andencken, deine

treue Mutter
Goethe.


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