Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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170. An Fritz von Stein

Fr. den 12. Juni 1790.

Lieber Sohn! Eine Berechnung, wie viel der Aufenthalt während der Krönung hier kosten möchte, ist beinahe ohnmöglich zu bestimmen, so viel ist gewiß, daß eine einzige Stube den Tag ein Carolin kosten wird, das Essen den Tag unter einem Laubthaler gewiß nicht. Zudem ist auch die Frage, ob ein Cavalier, der unter keiner Begleitung eines Churfürstlichen Gesandten ist, Platz bekommt, denn unsre besten Wirthshäuser werden im Ganzen vermiethet, – dem Dick im rothen Hause sind schon 30,000 Flor. geboten, aber er giebts noch nicht davor. Wenn Leopold Kaiser werden sollte, so mag Gott wissen, wo die Leute alle Platz kriegen werden – denn da kommen Gesandten, die eigentlich nicht zur Krönung gehören, als der Spanische, Neapolitanische, von Sicilien einer u.s.w. – Der Päbstliche Gesandte, weil er in der Stadt keinen Raum gefunden, hat ein Gartenhaus vor 3000 Carolin gemiethet. Bei mir waren die Quartierherren noch nicht, – ich traue mir deswegen nicht vor die Thür zu gehen und sitze bei dem herrlichen Gotteswetter wie in der Bastille, – denn wenn sie mich abwesend fänden, so nähmen sie vielleicht das ganze Haus, denn im Nehmen sind die Herren verhenkert fix, und sind die Zimmer einmal verzeichnet, so wollte ich's keinem rathen, sie zu anderem Gebrauche zu bestimmen. – Nun muß ich Ihnen noch was Spaßhaftes erzählen. Diesen Winter hats hier kein Eis gegeben – und die galante Welt hat diese Herrlichkeit entbehren müssen, ein einziger Mann, der S.... heißt, hat von 88 noch eine Grube voll. Diese Grube ist ohngefähr so groß, wie meine Wohnstube, doch nur 3 Schuh hoch, – diesem Mann hat der Churfürst von Cöln 19000 Floren davor geboten, er giebts aber nicht anders, als 30000 Flor. O, wer doch jetzt Eis statt Wein hätte! Wenn nur die Krönung sich nicht bis in den Winter verzieht – davor ist mir angst und bange, – müssens eben in Geduld abwarten! – Sie werden doch mit meinem Sohne kommen? Eine Stube sollen Sie haben, aber freilich müßten Sie sich begnügen, wenns auch drei Treppen hoch wäre, – was thäte das, wir wollen doch lustig seyn, – in dieser angenehmen Hoffnung verbleibe wie immer

Dero
treue Freundin
E. G.


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