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Den 12ten September 1788.
Lieber Freund!
Freylich ists sonderbahr daß ich die ehedem so schreibeseelig war – die keinen Posttag versäumte – die ehnder alles, als so was unterlaßen hätte – jetzt in 4 Wochen keine Feder ansetzt – Aber Lieber Freund! Was kan eine Frau der in der Welt alles gleichgültig geworden ist – die keine Gefühle vor nichts mehr hat – die in allen ihren Hoffnungen auf das schrecklichste getäuscht worden ist – die den Glauben an Menschen verlohren hat – Was soll die schreiben? soll ich andern mit meinem Kummer beschwerlich fallen – Was nutzt das? soll ich immer noch Schlößer in die Luft bauen – dem Irlicht Hoffnung auf neue trauen um aufs neue betrogen zu werden? Nein Mein trauter Freund! Vor mich ist alles vorbey – mit mir ist aus – daß es Ihnen wohl geht, daß Sie auch zu Ihren andern anerkandten Verdinsten noch in kommischen Opern brilliren freut mich – den so tief bin ich noch nicht gefallen – daß mich das Glück meines Freundes nicht vergnügen solte – aber es ist eine bitter süße Freude – andre die nicht gesät haben erndten – und die den Saamen ausstreute leidet Hunger – den Baum den ich pflantzte von dem eßen andre die nun reife Früchte – Aber ums Himmels Willen! Wozu all das – laß gut seyn – es hat ja so viel ein Ende genommen – mit dir wirds doch auch nicht ewig werden. Lieber Freund! Sie sagten mir bey Ihrem hirseyn, daß der Band vom Mercur den Sie noch von mir haben – nebst denen zwey Flinten bey Graf Spaur in Verwahrung legen da ich nun glaubte Sie auf Ostern wieder zu sehen – so dachte ich hätte das alles keine Eile – da aber auch dieser Strahl von Hoffnung |: wie all die andern :| dahin ist; so schriebe an den Grafen – der mir antworttete – daß Er von gar nichts wüßte – haben Sie doch die Güte mir zu schreiben – ob diese sachen noch in Maintz sich befinden, und bey wem – Stegmann soll mirs dann besorgen. Lachen Sie nicht – daß ich mit diesen kleinigkeiten Ihnen belästige – meine gantze Sammlung Mercure wäre mir eben defect – und in meinem Gewährschrank zwey lüken – Ihnen nutzts ja nichts. Graf Spaur ist etwas ungehalten – Weil Er in langer Zeit keinen Brief von Ihnen erhalten hat – Er ist zwar noch in Italien – aber ich schicke nach seiner Order meine Briefe nach Maintz – da werden Sie ihm sicher übermacht, und ich bekomme auch richtig Antwort. Blanchard ist in Berlin! vor drey Jahren war er hir! Muß ich denn alles mahnen; sagt Elisabeth im Carlos – Das war die glücklichste Zeit, in meinem gantzen Leben – Aber dahin ist sie geflohen die goldne Zeit. Nach dem Kupperstich will ich mich erkundigen. Herr Kriegsrath Bertram wird Ihnen einen Freundlichen Gruß von mir überbringen. So eine menge Fremden als diese Meße hie sind erinnre ich mich nie gesehn zu haben – und wäre ich noch was ich ehemahls war; so würde mir das viel Spaß machen. Nun leben Sie wohl Lieber Freund! Möge Ihr Glück in Berlin recht groß und gläntzend und von fester Dauer seyn. Erfreuen Sie mich von Zeit zu Zeit mit guten Nachrichten, und glauben, daß weder Entfernung noch Zeit Ihr Andenken erlöschen wird, bei
Ihrer Freundin
Elisabeth.
N. S. An die Frau Gevatterin und den kleinen Carl meinen Gruß und Kuß. Den 25. September wird in Berlin eine große Oper gegeben und Abens gibt die Königin einen Ball – Auch wird Herr Blanchard an eben dem Tag in die Luft steigen. Der Coadjutor von Maintz, und der Herzog von Braunschweig – komen auch hin – 2 Operetten werden neu einstudirt – um in Potsdam aufgeführt zu werden – ob ich mich wohl um Berlin bekümmere??????