Katharina Elisabetha Goethe
Briefe – Band I
Katharina Elisabetha Goethe

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115. An Fritz von Stein

Fr. d. 20. October 1785.

Mein lieber Cherubim!

Ihre glücklich abgelaufene Reise und die ausführliche Beschreibung davon hat mich sehr gefreut, – auch ergötzte mich herzinniglich, daß mich mein lieber Fritz in gutem Andenken hat. Ich vergesse aber meinen lieben Pathen eben so wenig – Alles erinnert mich an ihn, – die Birn', die ihm früh morgens so gut schmeckten, während ich meinen Thee trank, – wie wir uns hernach so schön auftacklen ließen, er von Sachs, ich von Zeitz, und wie's hernach, wenn die Pudergötter mit uns fertig waren, an ein Putzen und Schniegeln ging, und dann das vis a vis bei Tische, und wie ich meinen Cherubim um zwei Uhr |:freilich manchmal etwas unmanierlich:| in die Messe jagte, und wie wir uns im Schauspiel wieder zusammen fanden, und das nach Haus führen, – und dann das Duodrama in Hausehren, wo die dicke Catharine die Erleuchtung machte, und die Greineld und die Marie das Auditorium vorstellten – das war wohl immer ein Hauptspaß. Hier schicke ich Ihnen auch eine getreue und wahrhafte von Sternen und Ordensbändern unterzeichnete ausführliche Beschreibung des zuerst zerplatzten, hernach aber zur Freude der ganzen Christenheit in die Luft geflogenen Luftballons nebst allem Klingklang und Singsang, kurzweilig zu lesen und andächtig zu beschauen. Uebrigens befinde mich wohl und werde heute den Grafen Essex enthaupten sehen, – auch war gestern der transparente Saul bei der Hand und erfreute jedermänniglich; – aber Du lieber Gott, was sieht man auch nicht Alles in dem noblen Frankfurth, der Himmel erhalte uns dabei, Amen. Leben Sie vergnügt und glücklich, dies ist mein Wunsch und wird immer in der Seele wohl thun

Ihrer
treuen Freundin und Gevattern
E. G.


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