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Biedermännische Idyllen und Tragödien

Uhland an seine Frau

Stuttgart, den 25. Juli 1822.

Liebste Emma! Diesen Vormittag nach 11 Uhr sind wir von unsrer Reise wohlbehalten wieder hier angelangt. Sie ist zu unsrer vollen Zufriedenheit abgelaufen, ob wir gleich nicht wenig vom Regen durchnäßt und von der Sonne verbrannt wurden. In Neuenbürg schloß sich Pistorius an uns an; er nahm seine Droschke mit, auf der wir am Samstag vormittag nach Herrenalb fuhren. Von da aus bestiegen wir die Teufelsmühle, einen der höchsten Punkte des Schwarzwaldgebirgs. Im Vordergrunde das reizende Murgtal, im Hintergrunde unser geliebter Rhein fast von Straßburg bis unterhalb Speier und die weite Vogesenkette. Dort, Liebe, hättest Du bei mir stehen sollen, es war der großartigste und ergreifendste Anblick auf dieser Reise, die uns doch so manches Schöne dargeboten. Gerad am Gebirg' hinab gingen wir nach Gernsbach und erstiegen von dort aus noch das Ebersteinschlößchen, dessen Dir vermutlich bekannte Aussicht wir in günstiger Abendbeleuchtung genossen. Am Sonntag reisten wir weiter nach Baden. Auf der Höhe ließen wir das Gefährt vorangehen und wendeten uns zu den Trümmern der Ebersteinsburg, die uns wieder eine herrliche Aussicht gewährten. Durch schöne Waldung gelangten wir zu dem alten Schlosse von Baden und kamen vor Tisch in Baden an. Der Wirtstisch im »Salmen« war überaus zahlreich besetzt, überhaupt war es an diesem Tage in Gasthöfen, auf Straßen und Promenaden recht volkreich und lebendig. Abends machten wir einen Spaziergang nach Lichtental. Im ganzen hat uns aber doch dieses Gewimmel nicht besonders zugesagt, es erinnerte mich an den Sonntag in Wiesbaden. Gerne setzten wir am folgenden Tag die Reise fort ...

Auf baldiges Wiedersehen!

Innig Dein L.

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