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Prinz Louis Ferdinand von Preußen an Pauline Wiesel

Liebe Seelens-Pauline, daß Du so spät meine beiden ersten Briefe bekommen, liegt darin, daß sie nur mit der fahrenden Post gehen konnten, da ich Dir das kleine Rondo und auch die Schnepfen, die ich Dir versprochen, schicken wollte. – Deine beiden Briefe haben mich sehr glücklich gemacht – wären sie nur mit mehr Glauben und Vertrauen geschrieben, und sähe ich nicht aus selbigen, daß Deine Liebe zu mir doch nicht meine schöne Hoffnungen ganz erfüllt und die meinige Dein liebes Herz nicht so ganz geheilt, so alles Schöne darin erweckt und belebt hat, als ich hoffte. Indessen alles wird kommen, Pauline, ruhiger werden wir noch lieben und glücklicher noch sein. Vertrauen müssen und werden wir einander ganz – denn ewig bin ich Dein, nur Du kannst mich von Dich trennen, aber frei, ganz frei, mußt Du stets sein. Ich sagte es Dir, Einzige, in meinem letzten Briefe, daß ich Dich, alles in Dich liebe, weil ich Dich anbete, also jede Äußerung Deiner Leidenschaft, jede Beglaubigung derselben, wenn es auch durch Form nicht andern klar ist, ist mir teuer, weil es mich Deine Liebe beweiset und diese mein höchstes Gut, ja mein einziges Glück ist! Nur haben diese Szenen, oder das sogenannte Quälen das Üble, Seelens-Pelle, mich furchtsam gegen Dich zu machen! und noch mehr, sie schrecken alles schöne größere Gefühl in mich, und in der Gegenwirkung auch in Dir zurück! Dabei ist das eigentlich Üble, daß, anstatt unbefangen mir zu sagen, was Dich kränkt, Du von etwas andern ausgehst und alsdann Deinen Zorn ausschüttest, mit desto größeren Mißbehagen, da durch diesen Ausbruch Du nicht einmal Deinem Herzen eigentlich Luft gemacht. Pauline, liebe Pauline, traue mir, traue meiner unbegrenzten Liebe! Ich dächte, wir hätten den Stoff in uns, noch glücklicher als in Leipzig zu sein – es muß noch besser werden.

Soweit war ich, als ich Deinen Brief erhielt. Deinen lieben göttlichen Brief, voller feinen göttlichen Gefühls-Liebe. Pauline, hatte Dich der meinige so ergriffen, o dann hast Du mir gewiß zehnfach gelohnt – noch ist er bei mir – und nie soll er mich verlassen. Liebe mich doch ewig so, und ich bin glücklich! – Wie ich lebe, willst Du wissen – so einfach und dem gewöhnlichen Menschensinn nach trivial – daß es schwer zu beschreiben ist – des Morgens um 7 Uhr gehe ich oder reite ich aus – sehe die zu machenden Pflanzungen oder gehe auf die Jagd – dann bin ich bis abends um 9 Uhr in die Brücher – und schieße Schnepfen oder Bekassinen – diniere, sobald ich zurückkomme, und gehe höchst ermüdet zu Bette, ohne nach Rogatz zu gehen, aber gewiß nie ohne Paulinen hundert liebende, begehrende Wünsche zu zollen! Keine Nacht, ohne von göttlichen, bezaubernden Ideen geweckt zu werden, denen allein meine Pauline allen Reiz verleiht, deren einziger Zweck sie ist. Ich habe seit 6 Tagen um Urlaub geschrieben; sobald er kommt, gehe ich nach Berlin, den andern Tag, da ich dem Könige schon seit 5 Tagen geschrieben, zu Dir, bei Dir, meine liebe himmlische Freundin.

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