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Steele an Marie Scurlock

Lord Sunderland's Office, 1707.

Madame, in welcher Sprache soll ich meine holde Schöne anreden, um sie mit den Gefühlen meines Herzens bekannt zu machen, an dessen Qualen sie sich ergötzt? Ich habe nicht eine Minute Ruhe, wenn ich Sie nicht sehe, und bin ich bei Ihnen, so halten Sie mich in solcher Entfernung, daß ich mich noch abwesend fühle, auch wenn mir ein Blick auf die Reize vergönnt ist, denen ich mich nicht nähern darf. Mit einem Wort, Sie müssen mir einen Fächer, eine Maske oder einen Handschuh schenken, den Sie getragen haben, oder ich halte das Leben nicht mehr aus; Sie müssen sonst darauf gefaßt sein, daß ich Ihnen die Hand küsse oder, wenn ich nächstens neben Ihnen sitze. Ihnen das Taschentuch stehle. Sie selbst verkörpern zu viel Güte, um auf einmal empfangen zu werden; darum muß ich allmählich darauf vorbereitet werden, damit mein Herz aus Freude über die reiche Gabe nicht springe. Liebe Mrs. Scurlock, ich bin müde, Sie bei diesem Namen zu nennen; geben Sie mir deshalb den Tag bekannt, an dem Sie, Madame, annehmen wollen den Ihres gehorsamsten, ergebensten untertänigen Dieners.

Den 1. September 1707.

Es ist das Schrecklichste auf der Welt: verliebt sein und doch Geschäfte haben!

Was mich betrifft, wer mit mir spricht, findet mich heraus, und ich muß mich ihm eröffnen, oder andre werden es für mich tun.

Heute morgen fragte mich ein Herr: »Was erfahren Sie aus Lissabon?« Ich antwortete: »Sie ist wunderschön.« Ein andrer wollte wissen, wann ich das letztemal in H.C. gewesen wäre. Ich sagte darauf: »Es wird Dienstag abends sein!« Bitte, erlauben Sie mir wenigstens einen Handkuß vor diesem Tag, damit mein Geist ein wenig zur Ruhe kommt.

O Liebe!

Tausendfach schwebt Pein um Dich,
Doch wer lebt gern ohne Dich!

Ich glaube, ich könnte Dir ein ganzes Buch schreiben, aber alle irdische Sprache würde nicht ausreichen, es zu sagen, mit welcher selbstlosen Leidenschaft ich für immer der Deine bin.

Richard Steele.

*


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