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Friedrich von Gentz an Fanny Elßler

Mittwoch, den 9.Juni [1830]. Um Mitternacht.

Das Glück, welches Dein Umgang mir gewährt, schien schon längst keiner Zunahme mehr fähig zu sein; und doch überzeugt mich jeder Tag von meinem Irrtum. Mit welchen Farben könnte ich den heutigen Abend schildern? Ich bin berauscht von der Seligkeit, die Du, himmlisches Mädchen, mich in Deinen Augen und an Deiner Brust in vollen Zügen trinken ließest. Ich fühle in allen meinen Adern die Wahrheit der süßen Worte:

Das Schönste der Natur, bei deren Anblick wir
Wie Kinder an der Brust nun unser Leben saugen,
Von allem um uns her nichts sehen außer Ihr,
Selbst in Elysiums goldnen Auen
Nichts sehen würden, als sie ewig anzuschauen.

Diese Verse sind für mich geschrieben, und Du bist das Urbild dieses Gemäldes! Daß solche Wonne mir auf Erden noch beschieden war – wie kann ich Dir dies danken, Meine Fanny; Mein! In dieser einzigen Silbe liegt mehr als der Himmel; und Du hast es geschrieben, und Dein Mund mit Deinen Augen haben es bekräftigt. Ich bin zu schwach, Dich zu belohnen; aber das, was Du an mir getan hast, wird und muß Dir reichlich vergolten werden.

Ich konnte diesen Tag nicht endigen, ohne Dir zu sagen, mit welchen Empfindungen ich ihn beschließe. Es ist mehr noch als Liebe, was mich beseelt: es ist eine Erhebung des Gemütes, die der Andacht gleicht, und in der Tat hat sich mein Herz seit langer Zeit nicht inniger zu Gott gewendet, als indem ich ihn jetzt bitte, feinen besten Segen über Dich auszugießen.

Gute Nacht, Fanny!

G.

*


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