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Lotte an Schiller

Den 30. November früh.

So viel habe ich Dir zu sagen, mein Teurer, Lieber, und noch nie fehlte es mir so an Zeit. Du wirst unsern Brief nun auch überdacht haben, und ich bin begierig, Dich zu sprechen. Daß wir eben uns auch mit den Planen trugen, da du schriebst, freute mich. Es ist eine Sympathie dabei auffallend. O gewiß, wir sind nie getrennt, unsre Seelen begegnen sich immer!

Was Du, mein Geliebter, über meinen heroischen Entschluß sagst, hat mich gerührt. Glaubst Du, daß dies eine Aufopferung sein könnte? O, was möchte meine Liebe Dir nicht geben! Schön sollten unsre Tage dahingehen. Daß ich Umgang mit Frauen vermissen könnte, fürchte ich gar nicht. Es geben mir wenige Freude, und ich bin froh, wenn ich nicht mit ihnen zu leben gezwungen bin. Die meisten sind so arm, so eng, hängen so viel an Armseligkeiten und sind so klein, daß es mich drücken könnte, ihnen zu nahe zu sein. Aus Langerweile mich nach ihnen sehnen zu müssen, dahin wird es, kann es nie kommen. Denn ich kann mich beschäftigen und habe noch manches, was ich lernen möchte. – Wenn K[aroline] nicht gleich mit uns lebt, so kann sie doch jeden Tag, wenn es ihr einfällt, kommen, es sind nur 8 Stunden; die ersten Jahre wird B[eulwitz] gewiß artiger, und wenn sie gesund ist, daher mehr eins mit sich, kann sie ihre Zeit auch angenehm verleben. Es gibt so manches, was man vornehmen könnte, daß die Zwischenräume unsrer Trennung ihr schneller vergingen. So ganz auf einmal uns beide missen, brächte die arme ch. m. ins Grab. Die Trennung von einigen Monaten wird ihr gar schwer, und es schmerzt mich tief, sie so bekümmert zu sehn. Auf einen Fuß muß sich K. mit B. setzen, daß er ihr nicht mehr so nahe mit seinen Launen kommen kann. Und dies läßt sich tun ...

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