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Meta Moller an Klopstock

Abends um 6 Uhr, den 24. November 1752.

Jetzt erst kann ich an Dich schreiben, mein süßer Klopstock. Weil ich so sehr gesund bin, so bin ich, außer gestern und heute, alle Tage aus gewesen. Im Ernste, Klopstock, ich sage es Dir mit der äußersten Aufrichtigkeit, ich bin seit 1748 so gesund nicht gewesen, als ich seit acht Tagen bin. Ich will Dir's wohl gestehen, daß ich nicht hoffte, so gesund zu werden, als ich es jetzt bin. O Dank, Dank sei unserm Gott! Und Du willst Dich ihm mit mir zugleich nähern? (Ich habe Deinen Brief eben bekommen.) Du betest vielleicht mit mir zu einer Stunde, Du dankst ihm vielleicht eben jetzt auch für meine Gesundheit und überhaupt für mich, so wie ich ihm unaufhörlich für Dich danke. O wie süß ist mir das! Ich habe es gewünscht, Klopstock. Gestern abend, wie ich in mein Zimmer gegangen war und einige sehr entzückende Stunden hatte, da dachte ich: Vielleicht betet Dein Klopstock jetzt mit Dir, und meine Andacht ward dadurch noch feuriger. O, wie süß ist es, ihn finden! O, wie selig können wir schon hier sein. Aber Du hast recht, wenn es schon so viel hier ist, was wird es nicht dort sein! Und auch dort werden wir zusammen sein! Welch eine unaussprechliche Glückseligkeit ist die unsre. – Leb' wohl, mein Klopstock, leb' wohl. Ich werde morgen und übermorgen viel an Dich denken. Die heiligsten Gedanken und Du, Bester! stimmen sehr gut zusammen. Du, der Du heiliger bist als ich. Du, der Du unsern Schöpfer nicht weniger liebst als ich! mehr kannst Du ihn nicht lieben, mein Klopstock mehr nicht; erhabener, heiliger, das geb' ich zu. –

Ach, Klopstock, wie glücklich bin ich, daß ich Dir zugehöre! Du weißt es wohl, ich will durch Dich noch immer besser, noch immer heiliger werden. – O, ich bin so gerührt, Klopstock, ich kann Dir's nicht sagen. Welch ein Unterschied von jetzt und nur noch vor einem halben Jahre! Ehe ich von Dir geliebt wurde, fürchtete ich das Glück. Mir war bange, daß es mich von Gott zerstreuen möchte. Wie sehr irrte ich mich! Die Widerwärtigkeiten führen zu Gott, das ist wahr; aber eine Glückseligkeit wie die meine kann mich nicht von Gott zerstreuen, oder ich müßte gar nicht fähig sein, eine solche Glückseligkeit zu genießen; sie nähert mich ihm vielmehr. Die Rührung, der Dank, die Freude, alle Empfindungen der Glückseligkeit machen meine Anbetung noch feuriger. Lebe wohl, Klopstock, bete für mich.

Deine Braut.

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