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Samuel Johnson an Miß Boothby

31. Dezember [1755].

Mein süßer Engel, ich habe Dein Buch gelesen, doch fürchte ich. Du wirst denken: ohne viel Nutzen. Ich weiß nicht, ob Du meine Anmerkungen wirst lesen können, Du solltest Dich nicht darüber aufhalten, ich bin vielleicht nicht weniger aufrichtig als die Verfasserin ... In allen irdischen Dingen will ich mich von Deinem Einfluß führen lassen und, was Du anordnest, nehmen oder liegen lassen – aber meinen Glauben darf ich von keiner Menschenhand annehmen. Trotzdem möchte ich mich gern belehren lassen, ich bin weit entfernt, mich für vollkommen zu halten.

Ich bitte Dich, das Buch zurückzuschicken, wenn Du es gelesen hast. Ich hätte meine Randbemerkungen nicht hineingeschrieben, wenn ich es nicht von Dir gehabt und sie Dir nicht hätte mitteilen wollen.

Ich habe dabei eine neue Überzeugung gewonnen: daß in solchen Büchern nicht viel Neues steht, abgesehen von der neuen Form, die vielleicht mitunter von dem Verfasser selbst für eine neue Lehre gehalten wird. Ich hoffe aufrichtig, daß Gott, dem Du so aufrichtig dienen willst, Dich segnen wird und Dich wieder gesund macht, wenn es so am besten ist. Sicherlich kann keine menschliche Einsicht um ein zeitliches Ding anders als bedingt beten. Teurer Engel, vergiß mich nicht; mein Herz ist voll Zärtlichkeit.

Gott hat es gefallen, mich wohler werden zu lassen, ich hoffe, daß es Dich freuen wird.

Erlaube mir, der viel über Arzneikunst nachgedacht hat, Dir ein einfaches und, wie ich glaube, sehr zuverlässiges Mittel gegen Verdauungsstörungen und Schlüpfrigkeit der Eingeweide anzugeben. Dr. Larvence hat mir Deinen Fall erzählt. Nimm eine Unze fein zerstoßene Orangenschale. Teile sie in Quentchen und nimm nicht mehr als ein Quentchen auf einmal, am besten trinkst Du sie vielleicht mit einem Glas roten heißen Portwein, oder Du nimmst sie zuvor und trinkst den Wein danach. Wenn Du Zimt oder ganz gering Muskatnuß damit mischst, so kann es nichts schaden, aber es wird vielleicht zu dick und zu beschwerlich. Dies ist eine nicht unangenehme, wohlfeile und bequeme Arznei, die man, wenn sie nicht hilft, leicht wieder meiden kann.

Ich möchte aber nicht, daß Du dem Doktor davon als von meinem Mittel erzählst. Ärzte lieben kein Dreinreden, immerhin nimm es nicht ohne seine Erlaubnis. Aber laß Dich nicht zu leicht davon abbringen, weil es nach meinem Gutachten wirklich sehr heilsam für Dich sein dürfte und nicht wohl schaden kann; nimm es aber nicht zu viel in Eile, ein Quentchen in jeder dritten Stunde, oder ungefähr fünf täglich dürften für den Anfang genügen, oder noch weniger, wenn es Dir peinlich wird. Zucker dazu zu nehmen, halte ich für schlecht, höchstens alten Sirup von Quitten, aber selbst der gefällt mir nicht. Ich zöge getrocknete Schlehen vor. Hat der Doktor die Rinden erwähnt? Zerstoßen kannst Du sie kaum einnehmen, vielleicht als Tee.

Halte mich nicht für lästig, weil ich so besorgt bin. Ich liebe und achte Dich und möchte Dich ungern verlieren. A dieu, je vous recommande usw.

Meinen Bückling, meine teuere Miß!

*


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