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Swift an Miß Vanhomrigh

Loghgall, Grafschaft Amagh, den 13. Juli 1722.

Ich habe mich über die Schilderung Ihres Besuches und das Verhalten der Damen recht amüsiert. Ich beobachte täglich soviel Albernheiten zwischen den beiden Geschlechtern, und doch hören sie nicht auf, weil man sich Vergnügen davon verspricht. Das Schlimmste ist bei Ihnen und mir der Umstand, daß wir zu schwer zu befriedigen sind, und es ist sehr fraglich, ob wir nicht selbst daran schuld sind. Wenigstens glaube ich, daß wir denselben Grund dazu haben. In einem Punkte unterscheide ich mich aber von Ihnen, nämlich darin, daß ich nicht mit meinen besten Freunden beständig zanke. Ich glaube, in Ihrem Briefe finden sich zehn ärgerliche Stellen, und jede genügt, um die Wirkung des Spazierengehens und -reitens zweier Tage aufzuheben. In einer Hinsicht unterscheiden wir und auf das wunderbarste: ich fliehe vor der Milzsucht bis ans Ende der Welt, Sie rennen von Ihrem Weg hinweg, um ihr nachzulaufen. Ich glaube, das schlechte Wetter hat Sie sehr von den Zerstreuungen, die Ihnen Ihr Landhaus sonst gewährt, abgehalten und Sie an Ihr Zimmer gefesselt, wo Sie nun grübelnd dasitzen. Ich habe es dazu benützt, ich weiß nicht wieviel unterhaltende Bücher über Geschichte und Reisen zu lesen. Ich wünschte, Sie kauften sich ein Pferd, hätten stets zwei Diener zur Verfügung und besuchten Ihre Nachbarn; je schlechter, desto besser. Es liegt ein großer Genuß darin, ehrenvoll aufgenommen zu werden, und dies ist bei der Überlegenheit Ihres Verstandes und eines hübschen Vermögens immer in Ihrer Macht. Die beste Maxime, die ich in diesem Leben kenne, ist die, daß Sie Ihren Kaffee trinken, solange Sie können, und wenn Sie es nicht mehr können, auch ohne ihn zufrieden sind. Solange Sie fortfahren, Grillen zu fangen, werde ich Ihnen predigen, verlassen Sie sich darauf. Insofern stimme ich mit Ihnen überein, daß ich nicht heiter genug zum Schreiben bin, denn ich glaube, einmal in der Woche Kaffee ist dazu unbedingt nötig. Ich könnte alle Ihre Fragen aufrichtig beantworten, wie ich zu tun pflegte, aber dann würde ich alle Heiterkeit einbüßen, die meine Laune erhält wie die Bewegung meine Gesundheit, und ohne Gesundheit und gute Laune möchte ich lieber ein Hund sein. Ich habe meinen Aufenthalt öfter als je gewechselt und, seitdem ich die Stadt verließ, wohl in dreißig Betten gelegen. Auch habe ich meine Kleidung stets mit der linken Hand geordnet; das ist ein abergläubischer Brauch, den ich in den letzten Jahren gelernt habe. Ich möchte Sie gern in vollem Staat und in Ihrem Wagen sehen. Verlieren Sie den Geschmack daran nicht, ich bitte Sie. Leben Sie wohl!

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