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Byron an Augusta Leigh

Missolounghi, den 23. Februar 1824.

Meine liebste Augusta! ... Du wirst von unseren Unternehmungen und Streifzügen gehört haben, vielleicht mit etwas Übertreibung. Doch ist jetzt alles in schönster Ordnung, und ich bin zu meiner größten Genugtuung seit einiger Zeit in Griechenland, wo die Angelegenheiten so gut stehen, wie man es nach den Umständen erwarten kann.

Ich habe die Befreiung von etwa neunundzwanzig türkischen Gefangenen – Männern, Frauen und Kindern – erwirkt und sie auf meine Kosten zu ihren Freunden nach Hause geschickt. Nur ein hübsches kleines Mädchen von neun Jahren, namens Hato oder Hatagée, hat den lebhaften Wunsch geäußert, bei mir oder unter meinem Schutze zu bleiben, und ich bin fast entschlossen, sie zu adoptieren. Es fiel mir dabei ein, daß sie Lady Byron als Gespielin für Ada nach England kommen lassen könnte (sie sind ungefähr gleich alt), und wir könnten leicht für sie sorgen; sonst kann ich sie zur Erziehung nach Italien schicken. Sie ist sehr lebhaft und flink, mit großen schwarzen orientalischen Augen und asiatischen Zügen. Alle ihre Brüder büßten in der Revolution ihr Leben ein; ihre Mutter will zu ihrem Manne zurückkehren, der in Pervesa wohnt, doch sagt sie, daß sie bei der gegenwärtigen Lage des Landes das Kind lieber mir anvertrauen wolle. Ihre zarte Jugend und ihr Geschlecht haben ihr bisher das Leben gerettet, aber man kann nicht voraussehen, was sich im Laufe des Krieges (eines solchen Krieges zumal) ereignen kann. Wahrscheinlich werde ich sie in die Obhut einer englischen Dame auf den Inseln geben. Das Kind wünscht dasselbe und hat für sein Alter scheinbar einen entschlossenen Charakter. Du kannst diese Angelegenheit erwähnen, wenn es Dir der Mühe wert ist. Ich will das Mädchen nur anständig erzogen und behandelt wissen, und im Hinblick auf meine Jahre und alle andern Umstände wird man mir, glaube ich, schwerlich andere Absichten zumuten.

Ich freue mich, zu hören, daß es Ada viel besser geht. Ich möchte Lady Byron darauf aufmerksam machen, daß das Kind, nach ihrer Schilderung zu schließen, in Kränklichkeit und Neigungen außerordentlich mir selbst gleicht, als ich in seinem Alter war (nur war ich viel ungestümer), und daß sie entsprechende Maßregeln dagegen treffen mag. Ihre Vorliebe für Prosa (so sonderbar dies etwa erscheint) war und ist wahrhaftig auch die meine (ich hasse es, Verse zu lesen, und habe es immer gehaßt); auch habe ich immer nur »Boote und Schiffe« gebaut, wie ich mich überhaupt für alles, was die See betraf, sehr interessierte. Ich zeigte dem Oberst Stanhope den Brief, und er war auch über die teilweise Ähnlichkeit mit der väterlichen Linie überrascht. Es ist wohl notwendig, wenn auch nicht erfreulich, daß ich erwähne, mein letzter Anfall, der ziemlich schwer war, hatte große Ähnlichkeit mit Epilepsie. Woher dies kommt, weiß ich nicht, denn die Krankheit tritt bei mir spät auf – zum erstenmal mit sechsunddreißig Jahren – und soviel ich weiß, ist sie nicht erblich. Ich bitte Dich, Lady Byron zu sagen, sie möchte bei Ada recht vorsichtig sein, damit die Krankheit nun diesen Charakter nicht annehme. Mein Anfall hat sich nicht wiederholt; ich bekämpfe ihn bis jetzt erfolgreich durch Mäßigkeit und körperliche Bewegung; wenn er zufällig war, so ist alles in Ordnung.

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