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Chateaubriand an Frau von Custine

Sonnabend morgen.

Sie können sich nicht vorstellen, was ich seit gestern aushalte, man wollte mich heute zur Abreise zwingen. Durch besondere Vergünstigung habe ich einen Aufschub wenigstens bis zum Mittwoch erlangt. Ich versichere, ich bin halbtoll, ich glaube, der Schluß wird sein, daß ich um meinen Abschied ansuche. Der Gedanke, von Ihnen zu scheiden, bringt mich um. Um mein Unglück vollzumachen, soll ich Sie heute nachmittag vor zwei Uhr nicht aufsuchen können.

»Um des Himmels willen, reisen Sie nicht ab! Ich möchte Sie wenigstens noch ein einziges Mal sehen. Sind Sie krank?«

Sonntag morgens.

Wenn Sie wüßten, wie ich seit gestern glücklich und zugleich unglücklich bin, würden Sie mich bemitleiden. Es ist fünf Uhr morgens. Ich bin allein in meiner Zelle. Mein Fenster ist auf, die Gärten geöffnet, die so frisch daliegen, und ich sehe eine schöne goldene Sonne über dem Viertel Ihrer Wohnung aufgehen und sich verkündigen. Ich denke daran, daß ich Sie heute nicht sehen soll, und ich bin sehr betrübt. All dies sieht wie eine Geschichte aus, doch haben Geschichten nicht ihre Schönheiten? Und ist das Leben nicht überhaupt eine traurige Geschichte? Schreiben Sie an mich – lassen Sie mich wenigstens ein Ding sehen, das aus Ihren Händen kommt! Leben Sie wohl, leben Sie wohl, auf morgen!

Noch keine Mitteilung in der verfluchten Reisegeschichte!

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