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Robert Schumann an Clara Wieck

Leipzig, 1834.

Meine liebe und verehrte Clara! Es gibt Schönheitshasser, welche behaupten, Schwäne wären eigentlich größere Gänse – mit ebendemselben Recht könnte man sagen, die Ferne wäre nur eine auseinandergerückte Nähe. Und sie ist's auch, denn ich spreche täglich mit Ihnen (ja noch leiser, als ich gewöhnlich pflege) und weiß doch, daß Sie mich verstehen. Im Anfang hatte ich verschiedene Pläne über unsere Korrespondenz. Ich wollte z. B. eine öffentliche in der musikalischen Zeitung mit Ihnen kontrahieren – sodann wollte ich meinen Luftballon (Sie wissen, daß ich einen besitze) mit Briefgedanken anfüllen und bei günstigem Winde unter passender Adresse aufsteigen lassen. – Ich wollte mir Schmetterlinge einfangen als Briefträger an Sie – ich wollte meine Briefe erst nach Paris schicken, damit Sie sie recht neugierig aufmachten und dann, mehr als überrascht, mich in Paris glaubten. Kurz, ich hatte viele witzige Träume im Kopf, aus denen mich erst heute ein blasender Postillion weckte. Postillione, liebe Clara, wirken überhaupt auf mich so magisch wie etwa der vortrefflichste Champagner. Man glaubt, keinen Kopf zu besitzen, so wonnig leicht ist es einem im Herzen, wenn man sie so lustig in die Welt hineinschmettern hört. Ordentliche Sehnsuchtswalzer sind diese Trompeterstückchen für mich, die uns an etwas erinnern, was wir nicht besitzen. Wie gesagt, der Postillion blies mich aus meinen Träumen in neue hinein ...

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