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Schubart an seine Frau

Hohenasperg, im Juli 1785.

O Du! Nur zwei Worte durch des Meules Tochter. Seit der Stunde Deines Abschiedes bin ich nur Halbmensch – und vegetiere nur. Deinen unaussprechlichen Wert lernt' ich aufs neue mit Entzücken schätzen. Meine Liebe ist seitdem ein Sturm; möcht' Bäume auswurzeln, Hügel wegblasen und hinstürmen zu Dir – Du Erste!! –

Aber nun ist's wieder wüst und leer um mich – ein Chaos voll Nacht und ohne Liebe.

Meine Hoffnung, Dich wiederzusehen, ist ein Strohhalm, der knickt, wann man sich anlehnt.

Doch Gott, der Liebe Urquell, wird auch uns helfen, die wir funkelnde Wasserstrahlen von diesem Quelle sind.

Liebes Weib – ach, mit Entzücken nenne ich Dich so – ich gestehe Dir's hiermit offen:

»Ich muß nach Stuttgart; oder ich kann mein Versprechen ans deutsche Publikum nicht halten.«

Meinethalben mag der Herzog mich einsperren und – wenn ich nur vor meinem Vaterlande mit Ehren bestanden bin – frikassieren und braten. Um Gotteswillen, warum ist man taub gegen mein Jammergeschrei nach dürftiger Freiheit? – Wenn nichts erfolgt, so schreib' ich nächstens an den Herzog selber und ächz' ihm meine Klage vor.

Seit Deiner Abwesenheit bin ich immer kränklich. Du – meine Kinder –, die ich nach 9 Jahren wieder das erstemal sah, habt mich bis zum Sterben durcheinandergerüttelt. Meine Nerven dröhnen noch vom Fußtritte Eurer Liebe. Tränengüsse entstürzen mir noch täglich, und ich schäme mich oft, wenn ich ans große Wort Jesu denke:

Wer Weib, Sohn, Tochter
mehr liebt denn mich, –
ist mein nicht wert.

Doch weg von diesem Artikel, in dessen Flamme ich brate. Abgekühlt!! ...

Wär' ich doch frei!! – Aber meine Kette scheint mit dem ersten Ringe an Jupiters Thron zu hängen.

Guten Morgen, guten Mittag, guten Abend, gute Nacht – sanften Schlummer, süßes Erwachen, steten Seelenfrieden, Freud' im Tod, fröhliche Urständ, Belächlen der Liebe Gottes und ewige Zusammenkittung mit Dir – wünscht – Dir

Dein
Schubart,
so ganz
Dein
Schubart.

*


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