Friedrich Hebbel
Gedichte
Friedrich Hebbel

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            's ist Mitternacht!
Der eine schläft, der andre wacht.
Er schaut beim blauen Mondenlicht
Dem Schläfer still ins Angesicht;
Drin tut ein böser Traum sich kund,
Wie seltsam zuckt er mit dem Mund!
's ist Mitternacht!
Der eine schläft, der andre wacht.

's ist Mitternacht!
Der eine schläft, der andre wacht.
»So sah der Freund noch nimmer aus,
Er greift zum Dolch, es macht mir Graus,
Er stöhnt, er lacht – du triffst ja mich!
Erwache doch, ich rüttle dich!«
's ist Mitternacht!
Der andre ist nur halb erwacht.

's ist Mitternacht!
Der andre ist nur halb erwacht!
Er stiert, er ruft: so lebst du noch,
Verruchter, und ich traf dich doch?
So nimm noch den! Hei! der war gut!
Warm spritzt mir ins Gesicht dein Blut!
's ist Mitternacht!
Nun schlafen beide, keiner wacht.

's ist Mitternacht!
Sie schlafen beide, keiner wacht!
Du wüste Eul' im Eibenbaum,
Du krächztest ihn in diesen Traum,
Nun fängt die häm'sche Dohle an,
Ob sie ihn nicht erwecken kann.
's ist Mitternacht!
Gott gebe, daß er nie erwacht!

 


 


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