Ferdinand Gregorovius
Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter
Ferdinand Gregorovius

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5. Das Jubeljahr 1475. Ermordung des Herzogs Galeazzo in Mailand Dezember 1476. Die Verschwörung der Pazzi. Ermordung Julian Medicis April 1478. Sixtus IV. bannt Florenz. Liga italienischer Mächte und Frankreichs wider den Papst. Krieg gegen die florentinische Republik. Girolamo Riario wird Herr von Forli 1480. Die Türken erobern Otranto. Tod Mohammeds II. Mai 1481. Die Türken verlassen Otranto. Carlotta von Cypern. Cypern venetianisch.

Immer weltlicher ward das Papsttum, immer tiefer sank die römische Kurie in die Laster der Zeit. Satiren und Berichte davon gingen ins Ausland. Die germanischen Pilger, welche, wie der König Christian von Dänemark, im April 1474 noch als Wallfahrer Rom besuchten oder die hier zum Jubeljahr 1475 eintrafen, konnten sich überzeugen, daß daselbst nichts zu finden sei als Nepotismus, Wucher und Simonie. Zum Jubiläum, welches schon Paul II. des Gewinnes wegen auf fünfundzwanzig Jahre herabgesetzt hatte, erschienen die Pilger nur sparsam. Konnte das damalige Rom noch als Quelle des christlichen Heils betrachtet werden? Ein heidnisches Wesen überzog die Stadt mit theatralischem Glanz wie in der alten Kaiserzeit. Weltlicher Pomp wurde zum Bedürfnis der päpstlichen Regierung; der verwöhnte Pöbel schrie nach Festen, und man gab sie ihm reichlich. Hunderttausend Menschen versammelten sich am Tage San Marco des Jahres 1476 auf der Navona, wo Girolamo Riario ein Turnier gab, auf welchem Italiener, Katalanen, Burgunder und andere Nationen um die Preise stritten. Dann sah man wieder Heiligenbilder in Prozession die Stadt durchziehen, als bald darauf die Pest ausbrach. Trotz der strengen Polizeigesetze war Rom und das Landgebiet voll von Meuchelmördern und Frevlern jeder Art.

Glücklicherweise war der Friede bisher nicht gestört worden, denn noch zwang den Papst Furcht zur Mäßigung, weil Mailand, Florenz und Venedig am 2. November 1474 eine Liga geschlossen hatten, um seiner selbstsüchtigen Politik entgegenzutreten. Diesen Bund suchten Sixtus und Ferrante zu sprengen, und aus dieser Absicht war der König im Januar 1475 nach Rom gekommen. Ein schreckliches Ereignis erschütterte bald darauf die bestehenden Verhältnisse: denn der in Mailand verabscheute Galeazzo Maria fiel am 26. Dezember 1476 unter den Dolchen freiheitstrunkener Tyrannenmörder. Auch der Tyrannenmord war eine Renaissance antiken Wesens. Nachdem die Freiheit in den Republiken gefallen war, erschienen die Nachahmer des Harmodios und Aristogeiton, des Brutus und Cassius. Die italienischen Zeitgenossen aber waren nicht minder berechtigt als die Griechen, ihren Tyrannenmord als Heldentat zu feiern. Die drei jungen Edelleute, welche den Sforza in einer Kirche erstachen, Girolamo Olgiati, Gianandrea Lampugnani und Carlo Visconti, waren wie Stefan Porcaro in der Schule des Altertums gebildet. Olgiati, ein hochbegabter Jüngling von zweiundzwanzig Jahren, starb auf dem Schafott mit der Seelenstärke eines antiken Helden, welche um so merkwürdiger ist, weil auch sie zum Teil in der Rhetorschule gelernt war. Der halbverrückte Wüstling Galeazzo, den man sogar für den Mörder seiner Mutter Blanca hielt, ein zweiter Phalaris, hatte erst dreiundreißig Jahre erreicht. Seine Witwe Bona von Savoyen wußte zwar mit Hilfe des Ministers Simonetta die Regentschaft für ihren achtjährigen Sohn Gian Galeazzo zu behaupten, aber die Brüder des Ermordeten, Lodovico der Mohr, Sforza Maria, der Herzog von Bari, Ascanio und Ottaviano begannen alsbald das Spiel ihrer Ränke, so daß in Mailand das Verderben zubereitet ward, welches über ganz Italien hereinbrechen sollte.

Die mailändische Tragödie wiederholte sich noch schrecklicher in Florenz, und hier stand als der Mitwissende einer Verschwörung, ja als ihr politischer Leiter hinter der Szene der Papst selbst. Sowohl die Teilnehmer an dieser Freveltat als die Opfer als der heilige Ort, wo sie ausgeführt ward, haben die Verschwörung der Pazzi weltberühmt gemacht. Das Haus der Medici hatte seine Macht nicht durch Waffen und Blut, sondern durch Kaufhandel, Reichtum und Tugenden begründet. In der Geschichte alter und neuer Republiken gibt es kaum ein so schönes Schauspiel, als welches die ersten Medici darbieten: sie waren nicht die Tyrannen ihrer Vaterstadt, sondern deren gebildetste und wohltätigste Bürger, bis ihre Nachkommen, Wucherer und Heuchler, die Freiheit durch scheinbare Wohltaten zu ermorden lernten. Seit dem Tode Pieros, des Sohnes Cosimos, im Jahre 1469 lenkten den Florentiner Staat dessen Söhne, der liebenswürdige Julian und der geniale Lorenzo. Eine auf die Größe dieses Hauses eifersüchtige, von ihm vergewaltigte Partei arbeitete an ihrem Sturz, sowohl aus Egoismus, wie aus Ahnung, daß die Geldmacht der Medici die Republik in eine Tyrannis verwandeln werde. Sixtus IV. verband sich mit dieser Faktion vom Haus der Pazzi. Anfangs hatte er sich Lorenzo freundlich gezeigt und ihn, der eine Bank in Rom begründete, zu seinem Schatzmeister gemacht. Dies Verhältnis trübte die Nepotenpolitik; denn Italien wurde durch sie in den Bund zwischen dem Papst und Neapel und die Liga zwischen Florenz, Mailand und Venedig geteilt. Sixtus bemühte sich fruchtlos, die Florentiner von Venedig zu trennen, weil, wie er glaubte, nur dadurch Graf Girolamo zur Herrschaft in der Romagna gelangen konnte. Dagegen suchte Lorenzo, die wachsende Größe des monarchisch werdenden Kirchenstaats zu hindern. Er unterstützte Niccolò Vitelli, welchen Sixtus aus Città di Castello vertreiben wollte, und erschwerte Girolamo die Besitznahme Imolas. Man sagt, daß er außerdem dem Papst zürnte, weil er ihm den Kardinalshut für seinen Bruder Julian verweigert hatte.

Der Sturz der Medici erschien Sixtus notwendig, um die Hindernisse zu beseitigen, welche seinen Absichten im Wege standen. Wenn dieser Sturz gelang, hoffte er sich vielleicht auch Toskanas zu bemächtigen, ja Florenz an die Riarii zu bringen. Die Fäden des Planes wurden in Rom gesponnen. Hier hatte der Papst Lorenzo das Schatzamt entzogen und dasselbe Francesco de' Pazzi übertragen, dessen Haus in Rom eine Bank besaß. Francesco verabredete mit Girolamo die Ausführung des Plans. Sixtus selbst willigte in den gewaltsamen Sturz der Medici; doch ihren Tod hat er nicht gewollt. Die Pazzi aber beschlossen ihn; käufliche Meuchelmörder fanden sich, unter ihnen ein päpstlicher Söldnerhauptmann Giambattista von Montesecco und zwei Priester, Antonio Maffei von Volterra und Stefano von Bagnorea, ein apostolischer Sekretär. Der Umwälzung in Florenz Nachdruck zu geben, sollte Graf Girolamo Truppen in die Nähe jener Stadt schicken, und auch der König Ferrante versprach, seinen Sohn Alfonso in Toskana einrücken zu lassen; denn als seinen Beuteanteil hatte er Siena ausersehen. In die Verschwörung war auch Francesco Salviati, der vom Papst ernannte, aber von den Medici abgelehnte Erzbischof von Pisa eingeweiht, zu welchem Sixtus IV. den nichtsahnenden Kardinal Raffael Riario schickte, ihm in allen Dingen behilflich zu sein. Raffael war der Schwestersohn und Erbe des Schwelgers Pietro Riario und am 10. Dezember 1477 mit nur siebzehn Jahren Kardinal geworden, nachdem er eben die Hochschule in Pisa verlassen hatte. Noch zwei andere Nepoten hatten gleichzeitig den roten Hut erhalten, Christophorus und Hieronymus Rovere, und auch Johann von Aragon, ein Sohn Ferrantes.

Am 26. April 1478 wurde die fanatische Tat im Dom zu Florenz ausgeführt: Julian fiel von Dolchstichen durchbohrt am Hochaltar, unter den Augen des Kardinals Raffael, während die Hostie erhoben ward. Aber der nur leichtverwundete Lorenzo entrann in die Sakristei, worin er sich verschloß. Ein so großer Tumult erfüllte den Dom, daß man glaubte, er stürze ein. Florenz erhob sich in Wut, nicht um dem Aufruf des Jacopo de' Pazzi zur Freiheit zu folgen, sondern um die Mörder in Stücke zu reißen; so ganz unentbehrlich waren diese Medici bereits dem Volk geworden. Man knüpfte den Erzbischof von Pisa mit Francesco de' Pazzi und den anderen Schuldigen am Fenster des Palasts der Signorie auf. Verstümmelte Leichen schleppte man durch die Straßen. Scharen bewaffneter Jünglinge führten den geretteten Lorenzo wie einen zweiten Peisistratos in seinen Palast, während andere unter Klagegeschrei die Leiche Julians forttrugen, welcher mit fast so viel Dolchstichen durchbohrt war, als einst Caesar empfangen hatte. Julian war der Liebling von Florenz gewesen; unvermählt gestorben, hinterließ er ein Bastardkind von wenig Monaten mit Namen Julius. Eines Tags offenbarte Antonio da S. Gallo dies Geheimnis Lorenzo, worauf der trauernde Bruder für die Erziehung des Kindes Sorge trug. Der Zufall fügte es, daß dieser Bastard fünfundvierzig Jahre später als Papst den Heiligen Stuhl bestieg, um dann die Verschwörung der Pazzi dadurch zu rechtfertigen, daß er Florenz dem ganz entarteten Bastardgeschlecht der Medici unterwarf.

Das Florentiner Volk forderte den Tod auch für den Kardinal Raffael, welchen Waffen am Altar ergriffen hatten. Der zitternde Jüngling im Purpur beteuerte seine Unschuld, und seine unreife Jugend überzeugte die Richter, daß er in den Mordplan nicht eingeweiht gewesen war. Man hielt ihn in einem anständigen Gefängnis. Nie hat sich dieser berühmte Kardinal von dem Schrecken jenes Tages erholt; er behielt ein bleiches Antlitz sein Leben lang.

Die Kunde von dem Ausgange der Verschwörung entlarvte Sixtus; das Mißlingen dieses Frevelstücks brachte den Papst in Wut: die gehoffte Umwälzung war so vollkommen mißglückt, daß Lorenzo jetzt zu neuer Größe emporstieg. Mit Bewaffneten drang der wütende Graf Girolamo in den Palast des Florentiner Gesandten Donato Acciajuoli und führte ihn wie einen gemeinen Verbrecher in den Vatikan. Er wurde zwar auf seinen Protest freigelassen und dann von seinem Posten abgerufen, aber die erlittene Beschimpfung gab diesem edlen Staatsmanne bald darauf den Tod. Am 17. Mai 1478 schlossen der Papst, König Ferrante und Siena eine Liga zum gegenseitigem Schutz und zum ausdrücklichen Zweck, die Medici aus Florenz zu vertreiben. Die Hinrichtung des Erzbischofs, die Festnahme seines Kardinallegaten erklärte Sixtus für ein Verbrechen gegen die christliche Religion, mit welcher er doch den Verschwörungsplan wohl verträglich gefunden hatte. Er schleuderte am 1. Juni 1478 den Bann gegen Lorenzo und die Florentiner Signorie und bedrohte diese Stadt mit dem Interdikt, wenn sie nicht in Monatsfrist ihre Regenten verjagte. Diese Sentenz ward verachtet, aber man gab den Kardinal am 12. Juni frei. Hierauf exkommunizierte Sixtus die Florentiner; er zog alle ihre Güter in Rom ein, und seinem Beispiel folgte in Neapel der habgierige König, sein Verbündeter. Beide rüsteten ein Heer. Schon im Juli rückten Alfonso und Federigo von Urbino in Toskana ein. Jetzt riefen die Florentiner die Welt zum Zeugen des Verrats und der Ungerechtigkeit eines Papsts, wie sie dies hundert Jahre früher getan hatten. Sie zwangen die Priester, Messen zu lesen, sie vereinigten sogar eine Synode des Klerus ihres Gebiets und appellierten an ein Konzil. Ihr Recht war so sonnenklar, daß sich die ganze Welt mit Furcht oder Abscheu gegen den gewalttätigen Papst wendete, der eine edle Republik bekriegte, weil der an ihren angesehensten Bürgern verübte Meuchelmord von ihr bestraft worden war. Venedig, Mailand, Ferrara, Robert Malatesta, Johann Bentivoglio, Ludwig XI. sagten Florenz ihre Hilfe zu. Die Gesandten Frankreichs, Tristan Graf von Clairmont und Gabriel Vives, nebst den andern Bevollmächtigten dieser Liga versammelten sich am 1. August 1478 in Bracciano, dem Schlosse Napoleon Orsinis, protestierten hier gegen das ganz verderbte Wesen der römischen Kurie und kündigten Sixtus IV. ein in Frankreich abzuhaltendes Konzil an, wenn er, welcher die wichtigste Sache der Christenheit, den Türkenkrieg, hindere, nicht Florenz von den Zensuren freispreche und Italien den Frieden gebe. Gesandte selbst vom Kaiser und von Matthias von Ungarn eilten nach Rom, Sixtus abzumahnen. Doch dies war umsonst; vielmehr reizte der Papst Genua zum Abfalle von Mailand und die Schweizer zum Kriege wider dieses Land auf. Dies starke Bergvolk hatte eben erst den Sieg bei Nancy erfochten, wo Karl der Kühne von Burgund erschlagen ward, und es wuchs plötzlich zu einer Macht zwischen Frankreich und Italien auf. Die freien Kantone vernahmen zum erstenmal den Ruf eines Papsts, in das Po-Land herabzusteigen, und ihr Kriegsvolk brach kampfbegierig über die mailändischen Grenzen ein.

Die Florentiner schlossen mit Mailand einen Bund und machten Ercole von Este zu ihrem Kapitän. Während nun der Krieg im Jahre 1479 fortgeführt ward, benutzte Lodovico der Mohr diese Verwirrung, sich der Regentschaft über seinen Neffen Gian Galeazzo zu bemächtigen und die Herzogin Bona zu verdrängen. Dies änderte die Lage der Dinge: denn Lodovico unterhandelte alsbald mit Neapel, auf dessen Seite er trat. Nach großen Verlusten durch den Herzog von Kalabrien, welcher in Siena aufgenommen worden war, sah sich Florenz in äußerster Gefahr. Da rettete Lorenzo Medici sich und sein Vaterland durch einen hochherzigen Entschluß. Indem er erwog, wessen Großmut unter den beiden Feinden eher zu vertrauen sei, kam er zu dem Schluß, daß eines Königs Wort beständiger sein werde als das eines Papsts. Nur von wenigen Freunden begleitet, ging er im Dezember 1479 nach Neapel, dem Könige das Heil der Republik in die Hände zu geben, und seinen kühnen Schritt belohnte derselbe Erfolg, welchen einst Alfonso von Aragon beim Visconti gefunden hatte. Er setzte den König durch die Richtigkeit seines Urteils und die Genialität seiner Ideen in tiefes Erstaunen. Nach drei Monaten verließ er den Hof Ferrantes als dessen Verbündeter. Den plötzlichen Umschlag besiegelte die Friedensurkunde vom 6. März 1480, nur daß Alfonso noch in Siena blieb, wo er ganz als Herr schaltete. Der Papst war außer sich, da er Florenz gerettet sah. Seither erlahmte der Toskanische Krieg. Der Graf Girolamo wandte sich aus Etrurien nach der Romagna, wo er erst Costanzo Sforza von Pesaro bedrängte und endlich sich in Besitz von Forli setzte. In dieser Stadt herrschten seit langer Zeit die Ordelaffi; der Tod des Tyrannen Pino entzündete eben einen Erbfolgestreit unter den letzten illegitimen Mitgliedern dieses Hauses, und Girolamo Riario benutzte diesen Umstand, um sich Forlis zu bemächtigen. Am 4. September 1480 belieh Sixtus IV. seinen Nepoten auch mit dieser Grafschaft, und so ging das einst zur Zeit des Albornoz mächtigste Feudalgeschlecht der Romagna unter.

Unterdes zwang ein ganz Italien erschreckendes Ereignis den Papst zum Frieden. Von Rhodos abgeschlagen, segelten die Türken unter Achmed Pascha ins Mittelmeer, landeten bei Otranto, eroberten diese Stadt am 21. August 1480, metzelten deren Einwohner nieder und setzten sich daselbst fest. So wehte das Banner des Halbmondes jetzt auf italienischem Boden; der Sultan streckte seinen mächtigen Arm auch nach dem Weströmischen Reiche aus, und die Zerrissenheit Italiens konnte ihm den Weg bis ins Herz des Landes öffnen. Sixtus geriet in so große Bestürzung, daß er nach Frankreich entfliehen wollte. Jetzt rief er Europa zur Hilfe auf, jetzt schloß er ein Bündnis mit Venedig, und er gab nach langem Sträuben am 13. Dezember 1480 den Florentinern Frieden und Absolution. Zwölf Gesandte der Republik, darunter Francesco Soderini, Luigi Guicciardini, Gino Capponi und Antonio Medici, stellten sich dem Papste dar, welcher auf purpurnem Throne vor den Türen des St. Peter saß. Bei jedem Verse des Miserere berührte er die knienden Gesandten mit einer Rute, dann öffnete man die Pforte des Doms, und jene schritten hinein.

Florenz wurde in Wahrheit durch die Türken gerettet; denn dem arglistigen Neapel war nicht lange zu trauen. Noch stand Alfonso in Siena; murrend zog er hinweg, weil ihn sein Vater abrief. Im folgenden Jahre ward sodann zwischen allen Mächten Italiens, dem Kaiser, Matthias von Ungarn und Ludwig XI. die große Liga abgeschlossen. Doch mehr als ihre Waffen wirkte der Tod Mohammeds II. Rom und das ganze Abendland feierten Kirchenfeste, als der furchtbare Eroberer Konstantinopels am 31. Mai 1481 gestorben war. Die beiden Söhne des großen Sultans, Bajazet und Djem, kämpften alsbald um den Thron, und dies bewog den türkischen Befehlshaber Hairadin, am 10. September 1481 Otranto zu räumen, welches der Herzog Alfonso seit Monaten belagert hielt. Nach der Befreiung dieser Stadt, in deren Hafen die vereinigte italienisch-spanische Flotte lag, war ein Zug gegen Konstantinopel leicht des Erfolges sicher; wenigstens bot sich für die Anstrengungen Europas, Griechenland wiederzuerobern, nie mehr eine gleich günstige Gelegenheit dar. Doch hätte es dazu einer höheren Auffassung der Weltverhältnisse und einer größeren Leidenschaft bedurft, als sie die Machthaber damals besaßen. Sixtus IV. war wesentlich mit den Angelegenheiten des Kirchenstaats und seiner Nepotenpolitik beschäftigt; kein ruhiger Beurteiler wird in seinen Bemühungen zum Türkenkriege flammenden Eifer für eine große Sache sehen. Seine Flotte kehrte mit dem Kardinallegaten Fregoso nach Civitavecchia zurück. In Rom hatte damals der letzte Paläologe Andreas ein Asyl gefunden, nachdem er an allen Höfen Europas gebettelt hatte. Sixtus gab ihm großmütig einen Jahrgehalt von 8000 Dukaten. Der Papst verspürte begreiflicherweise keine Lust, sich Bosniens anzunehmen, welches die unglückliche Königin Katharina dem Heiligen Stuhle vermacht hatte. Denn diese Fürstin hatte sich schon im Jahre 1466 nach Rom geflüchtet und war als Pensionärin der Päpste am 25. Oktober 1478 daselbst gestorben. Schon in diesem Jahr befand sich auch die Königin Carlotta von Cypern wieder in Rom. Ihr folgten ins Exil einige edle Cyprioten, wie Ugo Lingles von Nicosia und der gelehrte Lodovico Podocatharo, welcher später Sekretär Alexanders VI. und dann durch ihn Kardinal ward. Sixtus gab der Königin Wohnung im Borgo und einen Gehalt von hundert Gulden monatlich; dort starb Carlotta im Alter von 47 Jahren am 16. Juli 1487, nachdem sie ihre Ansprüche an jene Insel dem Haus Savoyen abgetreten hatte. Aber Cypern fiel an die Republik Venedig, welche den Bruder Carlottas, Jakob von Lusignan, gezwungen hatte, sich der schönen Venetianerin Caterina Cornaro zu vermählen, und diese trat nach dem schnellen Aussterben der Lusignan die Insel im Jahr 1480 an die Venetianer ab.


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