Ferdinand Gregorovius
Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter
Ferdinand Gregorovius

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2. Das Jubeljahr 1450. Romfahrt Friedrichs III. Seine Vermählung mit Donna Leonora von Portugal. Die letzte Kaiserkrönung in Rom 18. März 1452. Mißachtung des Kaisertums.

Nikolaus V. war zufrieden, daß sich durch die Herstellung des Mailänder Herzogtums das Gleichgewicht der Mächte in Norditalien erhielt und den Übergriffen Venedigs eine Schranke gesetzt wurde. Nichts wollte er von Kriegen wissen. Denn Künstler bauten, meißelten und malten für ihn; tausend Schreiber kopierten für seine Bibliothek; Gelehrte und Dichter übersetzten auf sein Geheiß Schriften des Altertums. Er gab ihnen Lohn mit vollen Händen.

Als nun im Jahre 1450 in ganz Italien Frieden herrschte, konnte er, glücklicher als fast ein jeder seiner Vorgänger, das Jubeljahr feiern und der Welt dartun, daß der Vatikan noch der Mittelpunkt der Christenheit und der Papst ihr allgemeines Haupt sei. Der Zudrang der Pilger war so groß, daß ihn ein Augenzeuge mit den Zügen von Staren oder dem Gewimmel von Ameisen verglich. Eines Tags wurden auf der Engelsbrücke zweihundert Menschen zertreten oder in den Fluß geschleudert. Die römische Kammer sammelte so viel Opfergaben, daß die durch Eugens Kriege zerrütteten Finanzen verbessert wurden. Die Kammer ward schuldenfrei; die Einnahmen des Jubiläum boten dem Papst die Mittel dar, große Bauten zu unternehmen und den Kultus mit Pracht auszustatten.

Die Pest, welche schon im Jahre 1449 ausgebrochen war und Nikolaus damals nach Umbrien vertrieben hatte, ergriff infolge des Zusammenflusses der Menschen Rom und andere Städte Italiens mit neuer Wut. Nikolaus V. entwich nach Fabriano, und hier sperrte er sich so ängstlich ab, daß er die Annäherung an seinen Wohnort auf mehr als sieben Millien bei Todesstrafe verbot. Nur wenige Kardinäle durften ihn begleiten; die Kurialen und der Schwarm von Abschreibern, die er mit sich führte, mußten in den elendesten Orten ihr Unterkommen suchen.

Nach seiner Rückkehr ging der Papst mit Leidenschaft an die Ausführung seiner Pläne, denn die Ahnung eines frühen Todes ängstigte ihn. Paläste und Kirchen wurden aufgebaut, die Mauern der Stadt, die Engelsburg, der Vatikan neu befestigt. Die Vertreibung Eugens diente zur Warnung. Da sich das Priestertum nicht hinter die stärkste aller Burgen zu verschanzen vermochte, umgab es sich mit der schwächsten aller Schutzwehren, mit Mauern und Türmen. Rom und den Vatikan zu befestigen, trieb den Papst auch die Furcht vor der neuen Kaiserkrönung, welche bereits Eugen IV. zugesagt hatte. Die Wiener Verpflichtungen waren auch von Nikolaus bestätigt worden, darunter ein Beitrag zur Romfahrt von 100 000 Goldgulden, der Kaufpreis der Ehre Deutschlands, welche Summe Friedrich III. schamlos in seine Tasche steckte.

Der König wollte zu gleicher Zeit seine Krönung und seine Vermählung mit der Schwester Alfonsos von Portugal in Rom feiern. Nachdem sein Gesandter Piccolomini die Verlobung im Dezember 1450 zu Neapel abgeschlossen hatte, dessen König Alfonso der Oheim der Braut war, gingen die Bevollmächtigten Friedrichs im März 1451 nach Lissabon, die junge Donna Leonora zu übernehmen und nach dem tuszischen Hafen Talamone zu geleiten. Piccolomini, damals schon Bischof von Siena, kam nach Rom, um die Bewilligung der Krönung einzuholen und die konkordatgemäße Abhaltung eines Konzils in Deutschland zu fordern. Zur Genugtuung der Kurie durchkreuzte die letzte Forderung der französische Gesandte, welcher ein Konzil in Frankreich begehrte. Der geschmeidige Piccolomini war leicht gewonnen; auch war es Friedrich nur um den Krönungspomp zu tun. In einer kunstvollen Rede sprach Aeneas Sylvius von der hohen Bedeutung der Kaiserkrone, die tatsächlich nichts mehr bedeutete, und er erflehte sie für seinen Herrn vom Papst, der die Rechtsquelle des Imperium sei.

Die allerletzte kaiserliche Romfahrt, welche die Geschichte sah, erweckt Erinnerungen an eine von furchtbaren Leiden erfüllte, aber doch große Vergangenheit, in welcher die deutschen Kaiser Italien mit Kriegen verheert, aber auch die Alleingewalt der Päpste bestritten und oftmals die wichtigsten Angelegenheiten der christlichen Republik entschieden hatten. Diese Zeiten waren schon in die Mythe hinabgesunken. Die Kaisergewalt war nur noch ein völkerrechtlicher Titel ohne Kraft; die Papstgewalt zwar noch mächtiger als jene, dennoch ihrer alten Wirkung in das große Ganze der Menschheit schon beraubt. Ein neues Europa erhob sich, sich gründend auf großen, nach Einheit strebenden Ländermassen und Monarchien. Nun zeigte die Romfahrt Friedrichs III. noch deutlicher als die Sigismunds, daß jenes katholische Kaisertum, das Ideal des Mittelalters, eine Antiquität geworden war, ein Gegenstand für Schauspieler welthistorischen Stils und für akademische Reden humanistischer Kunst. Wenn bei diesem Romzuge die Städte Italiens und selbst der Papst noch in Aufregung gerieten, so war auch dies kaum mehr als Erinnerung. Dem römischen Könige diente übrigens seine Krönungsreise zugleich als einträgliches Finanzgeschäft; er konnte sich mit den Geschenken Italiens bereichern und dort Tausende von Gnadenbriefen ausstreuen, welche Eitelkeit erkaufte. Er errötete nicht, sich Geleitsbriefe von den Städten zu erbitten, und auch der Papst stellte ihm einen guten Reisepaß aus.

Die Reichsstände hatten Friedrich tausend Reiter bewilligt, und etwa ebensoviel stießen unterwegs zu ihm. Sein Bruder, der Herzog Albrecht, einige deutsche Bischöfe und viele edle Herren begleiteten ihn, nebst dem zwölfjährigen König Ladislaus; denn diesen nachgeborenen Sohn Albrechts II., den Erben von Böhmen, Ungarn und Österreichs, führte er mit sich, um ihn aus jenen Erbländern zu entfernen, wo die Landstände Friedrichs Vormundschaft bestritten. Am Ende des Jahres 1451 kam er nach Treviso. Er verzichtete darauf, die eiserne Krone in Mailand zu nehmen, dessen Gebiet er nicht berührte; denn dort herrschte ein vom Reich nicht anerkannter Usurpator. Am Po empfing der glückliche Borso von Este das Phantom des Kaisertums auf seinen Knien, übergab ihm alle seine Lande und führte ihn im Triumphgepränge in das schöne Ferrara. Dorthin kam auch Lodovico Gonzaga von Mantua und Sforzas kleiner Sohn Galeazzo Maria, welchen der Vater voll Artigkeit zur Begrüßung des römischen Königs abgeschickt hatte. In Bologna holte diesen der Kardinallegat Bessarion ein. Man feierte den Kaiser überall mit hohen Ehren und hielt ihn kostenfrei. Die Florentiner hatte er höflich um die Erlaubnis seines Besuches gebeten, und sie erflehten denselben noch höflicher als eine Gnade. Kniend überreichte ihm die Signorie die Schlüssel der edlen Stadt, und überall sah man das Volk, selbst Frauen ehrfurchtsvoll niederknien. Mit solchem Kultus ehrte noch Italien das Schattenbild des lateinischen Kaisertums, so daß sich dieser machtlose Habsburger, wenn er Sitte für Wirklichkeit nahm, für ein vergöttertes Wesen hätte halten können. Die Kardinäle Calandrini und Carvajal begrüßten ihn in Florenz im Namen des Papsts. Der berühmte Kanzler Carlo Marsuppini verherrlichte ihn durch eine ciceronische Rede, und während seines dreizehntägigen Aufenthalts huldigten ihm die Florentiner mit so schönen Festen, daß die deutschen Junker ewig am Arno zu leben wünschten. Kunst und Wissen, Adel der Form und heiterste Menschlichkeit blühten damals in dem italischen Volk, zumal in Florenz, und sie boten den Deutschen ein berauschendes Schauspiel farbenprächtiger Feste, wie sie kein romfahrender Kaiser zuvor hätte genießen können.

Von Florenz wollte Friedrich nach Siena zum Empfange seiner Verlobten ziehen. Denn während er sich auf der Romfahrt festlich fortbewegte, hielt die schöne Portugiesin ihre langweilige Brautfahrt auf dem Meer. Unter vielen Tränen, welche indes die Aussicht, Kaiserin zu sein, trocknen half, hatte Donna Leonora erst am 12. November 1451 Lissabon Lebewohl gesagt, um einem Gemahl entgegenzuziehen, den sie nie gesehen hatte, dessen Sprache sie nicht verstand, und an welchen sie in einem rauhen Lande für immer gekettet sein sollte. Sie segelte unter dem Schutze des Marqués von Valença mit einer ganzen Flotte und zweitausend Mann Bedeckung, welche dies Kleinod Portugals gegen lüsterne Korsaren verteidigen sollten. Unter Gefahren jeder Art schwebte die mutige Kaiserbraut 104 Tage lang – heute würden fünf hinreichen – auf der See, ohne jemals, außer in Ceuta, einen Hafen zu berühren. Schon war Friedrich in Tuszien und Piccolomini in Siena, wo die Volkspartei in Aufregung geriet. Man zwang den Bischof und Gesandten des Kaisers, sich nach dem Hafen Talamone zu begeben, und hier wartete der Brautführer zwei lange Monate, angstvoll in die grauen Meeresfluten spähend, die dort das Kap Argentaro umrauschen. Donna Leonora landete endlich am 2. Februar 1452 in Livorno, und auf diese Freudenbotschaft befahl Friedrich seinem Abgesandten, die ermüdete Prinzessin in Pisa zu empfangen und ihm nach Siena entgegenzuführen.

Vor der Porta Camolia dieser Stadt bezeichnet noch eine Säule den Ort, wo am 24. Februar 1452 die reizvollste Szene gesehen ward; denn hier empfing Friedrich III., ein Mann von 35 Jahren, die sechzehnjährige Waise von Portugal. Eingeholt von prachtvollen Scharen der Ritterschaft und der Bürger, umgeben von ihrem eigenen Hof, kam sie daher und überstrahlte den Glanz des Schauspiels durch das sanfte Feuer ihrer schwarzen Augen, ihr jungfräuliches Erröten und die wonnevolle Blüte ihrer Jugend und südlichen Gestalt. Entzückt schloß sie Friedrich in seine Arme. Piccolomini hat die viertägigen Schauspiele, welche Siena, die Stadt der Grazien und der Liebe, dem kaiserlichen Paare gab, anziehend beschrieben. Anmutige Frauen priesen von Tribünen herab in wohlklingenden Reden oder Gedichten die Schönheit der Braut oder das Glück der Liebe, und sie tanzten auf geschmückten Plätzen ihre Nationaltänze, bis sie, von der Dreistigkeit der Portugiesen beleidigt, sich sittsam zurückzogen. Piccolomini, Bischof und Weltmann und jetzt der Vertraute Friedrichs, würzte ihm die Gelage als heiterer Schöngeist, aber die Kardinallegaten verbitterten sie durch die herrische Forderung des clementinischen Treueides. Friedrich unterwarf sich nach einigem Sträuben dieser Demütigung.

Bei der Annäherung des Kaisers argwöhnte Nikolaus, daß ihm die Römer die Signorie der Stadt übertragen möchten; denn die alten Kaiserideen waren noch nicht erloschen. Ein Mann wie Valla hatte in seiner Widerlegung der constantinischen Schenkung deutlich gesagt: es sei ein Widerspruch, einen Fürsten zum Kaiser zu krönen, der auf Rom selbst verzichtet habe; dem römischen Volk allein gehöre diese Krönung an. Schon vor dem Eintreffen der Braut hatte der Papst die Krönung verschieben wollen, durch Reden geängstigt, daß Rom auf Abfall sinne, die Machthaber Italiens nach den Schätzen des Klerus lüstern seien und Alfonso im Bunde mit Friedrich stehe, von dem eine Prophezeiung sage: er werde als Kaiser ein Feind der Kirche und ein Rächer der Stadt Rom sein. Nur ein dringender Brief Piccolominis hatte den Papst umgestimmt; doch bereits waren die Mauern, das Kapitol und die Engelsburg befestigt worden, und jetzt zog Nikolaus ein paar tausend Söldner in die Stadt, zu deren Bewachung er dreizehn Regionenmarschälle ernannte. Schon am 3. Februar forderte er die Barone der Campagna auf, sich in zehn Tagen zur Krönungsfeier einzufinden.

Am 1. März verließ Friedrich Siena. In Viterbo erschreckte ihn ein Tumult, dessen Ursache die italienische Sitte war, beim Einzuge fürstlicher Personen deren Baldachin und Pferd dem Volke preiszugeben. Diese Raublust brachte die geheiligte Person und den Anstand des Kaisers in Gefahr. Junge Burschen versuchten, den Traghimmel über seinem Haupte mit Haken herabzureißen, und päpstliche Soldaten, ihm das Pferd unter dem Leibe wegzuziehen. Der Pöbel griff mit naivster Frechheit selbst nach dem gekrönten Hut des Königs der Römer. Der Nachfolger Constantins erkannte, daß er nicht mehr in dem feingebildeten Toskana, sondern im verwilderten Patrimonium St. Peters sei, entriß irgendeiner Hand einen Stab, machte praktischerweise seinen eigenen Konstabler und schlug wacker auf das Gesindel Viterbos los, während seine edlen Barone das gleiche taten. Von Stößen nicht unberührt, wurde er endlich unter ehrfurchtsvollen Huldigungen in seine Herberge geführt.

Auf dem ciminischen Bergwalde weissagte Friedrich seinem Begleiter Piccolomini das Papsttum. Er langte am 8. März vor Rom an mit mehr als zweitausend Reitern. Auf dem ersten Hügel, welcher den Blick freigibt, ward haltgemacht und die im Abendglühen strahlende Stadt bewundert. Klerus, Magistrat und Adel, die Colonna an dessen Spitze, kamen ihm entgegen. Er würdigte die Kardinäle kaum eines Grußes, aber mit Auszeichnung behandelte er den Senator Niccolò de Porcinario von Aquila, einen gelehrten Studiengenossen Piccolominis; er entblößte sein Haupt und umarmte ihn. Piccolomini konnte nicht die Bemerkung unterdrücken, daß in früheren Zeiten auch der Papst dem romfahrende Kaiser entgegenkam: »Doch jede Macht erleidet ihre Wandlung; einst überstrahlte die kaiserliche Würde alles, jetzt ist die päpstliche größer als sie.«

Da der römische König der Sitte gemäß wenigstens eine Nacht vor den Mauern zubringen mußte, blieb Friedrich im Landhaus des Florentiner Wechslers Spinelli am Kreuz des Monte Mario, während Leonora in einer andern Villa übernachtete. Das Gefolge lagerte auf den Neronischen Wiesen. Folgenden Tags fand der Einzug statt. Nach altem, jetzt bedeutungslosem Gebrauch beschwor Friedrich erst die Freiheiten der Römer, dann ritt er zum Tor des Kastells, in einem strahlenden Ornat, dessen Schmuck man auf 200 000 Dukaten schätzte. Der Burggraf von Nürnberg trug das Reichspanier, der Marschall Heinrich von Pappenheim das Schwert. Donna Leonora wurde vom Herzog von Teschen und dem Marqués von Valença geführt. Am Tor des Kastells begrüßten den König Klerus und Adel; auch der Stadtpräfekt Francesco Orsini trug ihm das bloße Schwert nach. Der argwöhnische Papst, welcher Straßen und Plätze mit Truppen hatte besetzen lassen, erwartete die Ankommenden auf der Treppe St. Peters, wo Friedrich und Leonora von den Pferden stiegen und sich mit einem Knie zur Erde neigten. Der König küßte des Papsts Fuß, Hand und Wange, opferte einen Klumpen Goldes, schwor den von ihm begehrten Eid und betrat dann mit Nikolaus den Dom.

Nach dem Wunsche des Papsts wurde die Krönung auf den 19. März, den Jahrestag seiner eigenen Weihe, festgesetzt. Bis dahin wohnte Friedrich im Vatikan. Er besuchte jedoch Rom, was man unpassend fand; nur die Engelsbrücke betrat er nicht. Am 16. März segnete Nikolaus die Ehe des kaiserlichen Paares ein und krönte Friedrich mit der eisernen Krone, welche durch die silberne von Aachen ersetzt wurde. Die Mailänder Oratoren protestierten, aber der Papst erklärte in einer Bulle, daß Friedrich, verhindert, die Krone der Lombarden in Mailand zu nehmen, ihn ersucht habe, dieselbe ihm in Rom zu erteilen, was demnach geschehen sei, ohne die Rechte des Mailänder Erzbischofs zu beeinträchtigen. Der eitle Kaiser, welcher gern mit Edelsteinen prunkte und sich im Festpomp wohlgefiel, hatte die Insignien des Kaisertums aus Nürnberg mit sich gebracht, wo sie im Jahre 1424 von Sigismund waren niedergelegt worden. Man hielt sie noch für jene Karls des Großen; aber Piccolomini bemerkte auf dem Kaiserschwert den böhmischen Löwen Karls IV., und der kaiserliche Ornat überhaupt erschien ihm dürftig.

Diese Kaiserkrönung war die letzte, welche in Rom vollzogen wurde. Zum letzten Male zeigte sich am 19. März 1452 den Römern der vom Papst im Sankt Peter gekrönte und gesalbte, von ihnen selbst akklamierte, friedestiftende Augustus mit Krone, Zepter und Reichsapfel. Wenn sie diesen Imperator betrachteten, wie er auf der Engelsbrücke dreihundert Personen zu Rittern schlug, mochte er ihnen bemitleidenswert erscheinen; denn diese ermüdende Zeremonie dauerte mehr als zwei Stunden. Man spottete über die Ritter von der Engelsbrücke, welche das hingeschwundene Rittertum parodierten wie der Kaiser das Kaisertum. Nach einem Umzuge zum Lateran und dem dortigen Festmahle kehrte Friedrich in den Vatikan zurück, wo ihn der Papst, noch immer über die Absichten der Römer mißtrauisch, nahe bei sich haben wollte. Am 19. März beurkundete Nikolaus die Kaiserkrönung in der Sprache eines Lehnsherrn, der ein Gnadendiplom erteilt hatte.

Friedrich reiste am 24. zu den Festen, die ihn in Neapel erwarteten; und hier ward die Ehe mit Leonora vollzogen. Am 22. April kehrte der Kaiser nach Rom zurück. Unter den Beratungen, die er mit dem Papste hielt, verhieß nur die Ausplünderung der deutschen Kirche und die Unterdrückung jeder Reformbewegung wirklichen Erfolg, aber die große Türkenrede Piccolominis fand nur als oratorisches Kunststück Beachtung. Das Kaiserschwert Friedrichs, für dessen Diamantschmuck ihm jeder jüdische Wechsler 40 000 Dukaten würde gezahlt haben, war nur ein Theaterdegen. Der Gebieter des Weltreichs, »welches Romulus gegründet, Julius Caesar befestigt, Augustus erweitert, der Heiland bestätigt hatte«, und der neben ihm thronende Vikar Gottes waren nur noch Titularpräsidenten der christlichen Republik und kaum dem Großsultan furchtbar, welcher sich eben anschickte, den letzten Paläologen vom Throne Constantins zu werfen, um diesen als islamitischer Cäsar zu besteigen und seine Hände auf Europa und Asien zugleich zu legen.

Nachdem Friedrich III. zahllose Diplome für Pfalzgrafen, Doktoren, Ritter, Hofräte und Hofpoeten ausgestreut hatte, verließ er Rom am 26. April. In Ferrara erhob er am 18. Mai Borso zum Herzoge von Modena und Reggio gegen viertausend Goldgulden jährlicher Abgabe an das Reich. Der kluge Fürst war, wie seine Brüder Lionello und jener unglückliche Ugo, der Liebhaber der Parisina Malatesta, nur ein Bastard des Markgrafen Niccolò, was in bezug auf seine Erhöhung einige Schwierigkeit machte. Seltsamerweise regierten damals manche unehelichen Söhne in Italien: so Borso in Ferrara, in Mailand Sforza, in Kalabrien Ferrando, in der Mark Sigismondo Malatesta. Das Jahrhundert des Humanismus, wo die Persönlichkeit die alten gesetzlichen Schranken durchbrach, war das goldne Zeitalter der Bastarde, und bald trachteten auch die Söhne von Päpsten nach Fürstenkronen.

Nach den prachtvollsten Festen in Venedig kehrte Friedrich III. von der genußreichsten aller Romfahrten mit einem Titel zurück, der ihm unter den Würdenträgern der Welt den ersten Platz gab. Nachdem er die Freiheiten der deutschen Kirche verkauft und die Hoffnung Deutschlands auf die Reform verraten hatte, um kleinliche Gnaden Roms und den zweifelhaften Schutz des Papsts gegen seine Landstände dafür einzutauschen, besiegelte dieser geistlose Fürst das habsburgische Bündnis mit dem Papsttum, um diese katholische, so verhängnisvolle Politik seinen Nachfolgern zu vererben. Die Italiener verachteten ihn. Der Bischof Antonin von Florenz fand nicht eine Spur kaiserlicher Majestät an Friedrich, nur Gier nach Geld; nichts von fürstlicher Großmut, nichts von Weisheit. Nur durch den Dolmetsch redete er als stumme Person. Poggius nannte ihn die Kaiserpuppe, und in der Tat konnte Friedrich III. auch nichts mehr vorstellen als ein mit Gold und Edelsteinen bedecktes Idol aus einer glücklich abgestorbenen Vergangenheit. Er würde jedoch diese Mißachtung seiner Majestät in Italien wie im Deutschen Reich mit noch mehr Gleichmut ertragen haben, wenn er hätte ahnen können, daß es sein und Leonoras Urenkel sein sollte, welcher der Kaisergewalt eine neue, die Welt mit cäsarischer Tyrannei bedrohende Grundlage von Tatsachen gab. Denn die schöne Portugiesin wurde die Mutter Maximilians, die Urgroßmutter Karls V. und die Ahnfrau einer langen Reihe von Kaisern und Fürsten.


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