Ferdinand Gregorovius
Geschichte der Stadt Rom im Mittelalter
Ferdinand Gregorovius

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5. Petrarca und die Monumente des Altertums. Deren Zerstörung. Klage des Chrysoloras. Die öffentlichen Bildsäulen in Rom. Auffindung der Gruppe des Nil. Petrarcas Aufzählung der antiken Bauwerke. Uberti. Poggios Bericht von Rom. Tempel. Portiken. Theater. Circus. Fora. Thermen. Wasserleitungen. Triumphbogen. Säulen. Mausoleen. Brücken. Mauern. Tore. Hügel. Gesamtbild Roms. Die dreizehn Regionen, ihre Namen und Wappenzeichen. Neue und alte Straßen. Häuserbau. Das römische Säulenhaus im Mittelalter. Gotik im XIV. Jahrhundert. Einwohnerzahl Roms. Verödung der Campagna.

Im früheren Mittelalter vernahmen wir hie und da eine elegische Klage um den Verfall der Stadt. Im XIV. Jahrhundert war es Petrarca, welcher den ersten Protest gegen ihre Zerstörung im Namen des italienischen Nationalgefühls und der Achtung vor dem Altertum erhob. Wir sahen, wie er den Ruin Roms dem räuberischen Adel Schuld gab, welcher das Zerstörungswerk von Goten und Vandalen, seinen Vorfahren, fortsetzte. Aber die Aristokraten teilten ihre zweifellose Schuld mit allen andern Römern, welche die herrenlosen Altertümer plünderten und Säulen, Architrave, marmorne Bildwerke jeder Art verbrauchten oder an Nachsuchende verkauften. Die Kalkgruben verschlangen täglich unzähligen Marmor. »Die Statuen«, so schrieb Chrysoloras, »liegen im Staub zerschlagen, oder sie werden zu Kalk verbrannt oder als Mauersteine verbraucht; glücklicher sind noch solche Bildwerke, die als Fußschemel für das Aufsteigen zu Pferd, als Mauersockel und Stallkrippen verwendet werden.« Der gebildete Grieche tröstete sich mit dem Gedanken, daß viele Bildsäulen noch im Gestrüpp oder im Schutt verborgen lagen. Sie harrten dort ihrer Auferstehung. Aber die Humanisten entdeckten die klassischen Bildsäulen später als die klassischen Codices. Der Sinn für die bildende Kunst reifte erst, nachdem der wissenschaftliche Trieb befriedigt war. Petrarca vertiefte sich in Rom nicht in die Betrachtung der Schönheit irgendeines alten Kunstwerks. Erst auf die Aneignung des Aristoteles und Platon folgte das Verständnis für Phidias und Praxiteles, und außerdem war es leichter, Handschriften aus dem Staube von Klöstern, als Bildsäulen aus dem Schutt von Thermen hervorzuziehen. Zur Zeit Poggios wurde an der Minerva der berühmte liegende Nil gefunden, als man zufällig dort grub, um Bäume zu setzen. Weil dem Besitzer des Ackers die vielen Besucher lästig wurden, deckte er dies Wunderwerk der Kunst ruhig wieder mit Erde zu. Fünfzig Jahre später wäre ihm dies nicht mehr erlaubt gewesen.

Trotz der Zerstörung durch lange Jahrhunderte standen noch im XIV. Jahrhundert Bildsäulen in Rom, wie Cola di Rienzo zu bezeugen scheint. Sollten nun diese Werke der Kunst am Anfange des XV. Jahrhunderts wirklich alle bis auf fünf untergegangen sein? Denn so viel und nicht mehr zählte Poggio als die einzig nachgebliebenen. Diese letzten fünf Unsterblichen waren: die beiden Rossebändiger, zwei liegende Figuren in denselben Thermen Constantins und endlich der Marforio am Kapitol. Von bronzenen Bildsäulen war nur der eine Marc Aurel zu Roß am Lateran übriggeblieben, und ihn hielt Poggio für Septimius Severus.

Noch minder bevorzugt als Bildsäulen, welche doch die Erde schirmend umhüllen konnte, waren die Monumente der Architektur; denn von ihnen kam keins unversehrt, wie eine Statue, auf die Nachwelt. Man höre, was Petrarca sagt: »Wo sind die Thermen Diokletians und die Antoninischen, das Cymbrum des Marius, das Septizonium und die Bäder des Severus? Ferner, um das Höchste auszusprechen, wo ist das Forum des Augustus und der Tempel des Mars Ultor, wo der des Jupiter Tonans auf dem Kapitol und des Apollo auf dem Palatin? Wo dessen Porticus und die griechische wie lateinische Bibliothek? Wo der andere Porticus und die Basilika des Caius und Lucius und der dritte Porticus der Livia und das Theater des Marcellus? Wo ist der Tempel des Herkules und der Musen von Martius Philippus, der Diana des Lucius Corneficius, der freien Künste von Asinius Pollio, des Saturn von Munatius Plancus, das Theater von Balbus, das Amphitheater des Statilius Taurus? Wo sind die zahllosen Werke des Agrippa? Wo die vielen Prachtpaläste der Fürsten? In Büchern findest du ihre Namen. Doch suche in der Stadt umher, und du wirst davon entweder nichts oder nur geringe Überreste sehen. Wenn der große Augustus nichts anderes als Gebäude hinterlassen hätte, so wäre sein Nachruhm längst dahin. Und nicht allein die Tempel sind über ihren Erbauern niedergestürzt, sondern auch andere Heiligtümer der Pietät sind zu unserer Zeit gefallen oder so erschüttert, daß sie kaum von ihrer Schwere zusammengehalten dastehen, außer dem einen Pantheon des Agrippa.« Man sieht es klar: im großen und ganzen war das alte Rom im XIV. Jahrhundert schon auf die Reste herabgeschwunden, welche am heutigen Tage davon übrig sind.

Es ist sehr zu beklagen, daß Petrarca die Stadt seiner eigenen Zeit nicht beschrieben hat. In einem Brief an Johann Colonna von S. Vito schien er das tun zu wollen, doch rief er alsbald aus: »Wohin lasse ich mich fortreißen? Vermag ich auf diesem kleinen Blatte Rom zu beschreiben?« Er zählt in seinem Brief viele Monumente auf und deutet bei jedem kurz die sich daran knüpfenden Erinnerungen an; so verfährt er auch bei Lokalen christlicher Legende. Es ist dies noch die Betrachtungsweise der Mirabilien, und diese erkennt man auch bei Fazio degli Uberti, dem Zeitgenossen Petrarcas, in seinem kosmographischen Gedicht Dittamondo. Solinus begleitet ihn, und das sibyllische Weib Roma zeigt ihm einige Monumente der Stadt, aber er selbst schöpft sein Wissen aus den Mirabilien. Nicht minder allgemein ist die Betrachtung Roms von Chrysoloras in seinem Brief an den Kaiser Johann.

Erst durch eine Schrift Poggios vermögen wir die Reihe der am Anfang des XV. Säkulum erhaltenen Hauptmonumente Roms zu bestimmen. Die sentimentale Betrachtung und die Szene, in der sich der Beschauer Poggio schildert, sind von ewiger Gültigkeit für die Trümmerwelt Roms. Und hier, wo wir uns dem Ende dieser Geschichten nähern, mag sich der Leser an Claudian erinnern. Ein Jahrtausend liegt zwischen dem letzten heidnischen Poeten, der vom Palatin einen staunenden, aber schon melancholisch getrübten Blick in die leise angewitterte Pracht Roms warf, und dem Florentiner Wiedererwecker des klassischen Altertums, der unter zerbrochenen Tempelsäulen vom Kapitol auf den »vermoderten und unkenntlichen Riesenleib« der alten Roma niederblickt. Poggio und sein Freund Antonius Luscus beseufzten den Sturz der Weltgebieterin, die jetzt, der Majestät des Reiches beraubt, in niedrigste Knechtschaft gefallen sei. Dies ist eine alte Klage; aber wenn sie bei Hildebert von Tours durch den tröstlichen Blick auf die Herrschaft des Apostelfürsten gemildert wurde, welcher an die Stelle Caesars getreten sei, so fand beim Humanisten Poggio der christliche Gedanke nicht den leisesten Wiederklang mehr. Die Ruinenstadt, welche er schildert, ist wesentlich das Rom des XIV. Jahrhunderts, und sein Urteil von dem, was damals erhalten war, stimmt mit jenem Petrarcas überein. Es ist wichtig, die Monumente zusammenzustellen, welche Poggio gesehen und genannt hat.

Tempel: das Templum Pacis auf dem Forum (Basilika des Maxentius); schon damals eine Ruine von drei Bogen, mit jener einen Säule, welche später Paul V. vor S. Maria Maggiore aufstellen ließ. Der Tempel des Romulus oder dessen Reste in SS. Cosma und Damiano. Der Säulenrest des Tempels des Antoninus und der Faustina, seit grauen Zeiten als Vorhalle der Kirche S. Lorenzo in Miranda dienend. Die Reste des Tempels der Venus und Roma bei S. Francesca Romana (damals noch Maria Nuova), von Poggio irrig für den Tempel des Kastor und Pollux gehalten. Der Vestatempel am Tiber; Poggio vergißt den der Fortuna Virilis. Der Tempel des Jupiter Stator (damals Nicolaus in Statera und heute nicht mehr sichtbar). Der Apollotempel im Vatikan, damals S. Petronilla. Das Pantheon, welches völlig umbaut war. Ein großer Rest des Porticus des Minervatempels am Dominikanerkloster, welchen die Römer, um Kalk zu brennen, vor Poggios Augen zerstörten. Das gleiche Los fand der Tempel mit den acht Säulen am Kapitol. Auch der Tempel der Concordia lag am Boden, denn Poggio schweigt von ihm, und vom Saturntempel sah er noch die drei Säulen, welche er nebst der andern Gruppe der drei Säulen am Forum für die Reste der Brücke des Caligula hielt. Es ist ungewiß, ob alle diese Tempel am Clivus Capitolinus schon früher oder erst beim Umbau des Kapitols durch Bonifatius IX. untergingen. Vom Tabularium, dem Untergeschoß des Senatshauses und damaligen Salzmagazin, sah Poggio schwerlich mehr, als wir heute davon sehen.

Von den Portiken auf dem Fischmarkt und in dessen Nähe sah er noch mehr Reste und benannte sie nach dem Merkur und Zeus. Es lagen damals dort Gärten. Auch dauerte noch am Quirinal der Rest eines Porticus, der heute nicht mehr sichtbar ist.

Theater und Amphitheater. Das Marcellustheater, schon damals nur ein Bruchstück; die Trümmer des Pompejustheaters, von Häusern überbaut; die Theater des Balbus und Taurus, untergegangen; das Amphitheatrum Castrense schon in die Stadtmauer eingeschlossen; das Colosseum, »durch die Römer aus Einfalt größtenteils zum Kalkbrennen zerstört«. Im XIV. und XV. Jahrhundert war das Colosseum mit Häusern und Kirchen umgeben, welche alle aus dessen Material erbaut waren. Gegen die Straße S. Clemente stand S. Giacopo del Coliseo (heute ein Heumagazin); sodann gab es die Kirchen Salvator de Rota Colisei, Salvator de Insula et Coliseo und Santi Quadraginta Colisei. Gegen den Titusbogen hin stand der Palast der Frangipani mit Gebäuden, die mit dem Amphitheater zusammenhingen. Schon am Anfange des XIV. Jahrhunderts waren die Annibaldi in Besitz von Rechten auf diesen Palast gekommen. Als sich sodann in der avignonesischen Zeit der Sturz des Adels vollzog, wurde das Colosseum Eigentum des römischen Volks, während die frangipanischen Gebäude den Annibaldi gehörten. Sie verkauften dieselben seit 1366 an die Kapelle Sancta Sanctorum oder die Kompanie del Salvatore am Lateran; und diese kam im Jahre 1381 durch Schenkung des Senats sogar in Besitz des dritten Teils des Colosseum. Man sieht noch heute das marmorne Wappen der Brüderschaft an einem der innern Bogen und darf daraus schließen, daß die beiden östlichen Umfassungsringe bereits, und vielleicht seit dem Erdbeben von 1349, niedergestürzt waren. Die Steine wurden als Baumaterial verschleppt; mit Bewilligung des Senats mochten selbst Travertinquadern noch stehender Teile verkauft werden. Einflußreiche Große erlangten ohne Mühe die Erlaubnis, antike Monumente zu verwenden. Paul Orsini bekam sie im Jahre 1413 von Johann XXIII. für ein altes Gebäude auf der Canaparia am Palatin. Die Klage des Poggius über die mutwillige Zerstörung des Colosseum ist zweifellos begründet.

Von den Circus nennt er den Maximus, und von ihm, welchen Sümpfe bedeckten, war kaum noch ein Rest übrig. Die beiden Obelisken machte Schutt unsichtbar; der dortige Bogen des Titus war zerfallen. Im Circus des Maxentius (er nennt ihn den Hippodrom auf der Via Appia) sah Poggio den Obelisken in vier Stücken am Boden liegen.

Die Fora waren kaum noch kenntlich. Das römische bedeckte Schutt und Pflanzenwuchs. Eine Häuserreihe stand zwischen den Bogen des Titus und Severus; ihrer 200 ließ erst Paul III. abtragen, als er zum Einzuge Karls V. den Weg anlegte, der noch heute über das Forum führt. Ochsen und Schweine trieben sich dort umher. Vom Comitium wollte Poggio noch eine Mauer mit Bildwerk gesehen haben.

Von Thermen standen noch größere Reste als heute, doch ganz schmucklos, wie Poggio klagt. Von denen Constantins stand noch ein Rest; von denen des Alexander Severus am Pantheon sah er noch ansehnliche Trümmer. Die Thermen Domitians bei St. Silvester und Martin waren kaum mehr sichtbar.

Von den Wasserleitungen floß damals nur die Aqua Virgo in die Stadt.

Triumphbogen. Die des Septimius, Titus und Constantin nennt Poggio fast unversehrt; der letztere wurde im Vulgär Trasi, auch Trax oder thracius genannt. Er erwähnt den Bogen bei S. Lorenzo in Lucina (Domitian oder Marc Aurel, im Vulgär Tripoli) und den sogenannten des Claudius (an Piazza Sciarra); außerdem den Bogen des Gallienus und einen Rest vom Arcus des Nerva Traianus, ferner den Bogen des Lentulus am Aventin.

Die Säulen des Trajan und Antonin waren unversehrt. Die Pyramide im Borgo ( Meta Romuli) stand noch, ihres Marmorschmucks noch nicht ganz beraubt. Poggio verwunderte sich, daß der gelehrte Petrarca die Pyramide des Caius Cestius trotz ihrer Inschrift für das Grabmal des Remus halten konnte. Das Mausoleum des Augustus war mit Reben bepflanzt. Jenes der Caecilia Metella sah Poggio zum Zweck des Kalkbrennens größtenteils zerstören.

Brücken. Der Verkehr beschränkte sich damals auf die Engelsbrücke, die zwei Inselbrücken und die der Senatoren. Zerbrochen lag die janikulensische ( Ponte Sisto); verschwunden waren die triumphalische, vatikanische und sublizische.

In den Mauern Roms, »einem gebrechlichen Flickwerk aus Marmorstücken, Steinen, Scherben und Ziegeln«, sah Poggius auch nicht eine Spur des Altertums mehr. Er umschritt sie und fand, daß sie etwa zehn Millien im Umkreis betrugen, die Leonina nicht mitgerechnet. Er zählte 379 Türme, und seine Zählung ist die erste, die seit den Mirabilien gemacht wurde.

Dreizehn Tore waren wie heute im Gebrauch.

Alle Hügel Roms waren verlassen und von Fieberluft umhaucht. Einsame Klöster und Kirchen standen darauf gleich Landkirchen in der Campagna. Das Kapitol war trotz des Senatshauses ein Trümmerhaufe, voll von Weinbergen und von Kehricht; der Palatin so verwüstet, daß er »keine Gestalt mehr darbot«. Doch standen hier noch die mächtigen Reste des Septizonium des Severus.

Dies ist das Gemälde Poggios von Rom am Anfange des XV. Jahrhunderts. Es ist ungenau, da manches noch dauernde Monument darin fehlt. Wenn nun das antike Rom schon damals seinem gegenwärtigen Zustande, wenigstens an Zahl und Größe des Vorhandenen, fast gleich war, so trug doch die lebende Stadt selbst einen ganz andern Charakter. Um uns diesen wiederherzustellen, müßten wir alles, was seit Martin V. und Eugen IV. gebaut worden ist, hinwegdenken. Das Bild Roms im XIV. Jahrhundert würde überhaupt demjenigen im XIII. entsprechen, doch einen noch größeren Ruin von Adelsburgen und Kirchen zeigen, während die Versumpfung und Verwilderung mancher Gegenden zugenommen hatte. Die Phantasie ist unvermögend, die großartige Wüste zu malen, in welche Petrarca von den Thermen Diokletians und Poggio vom Kapitol niederblickten. Diese ungeheure Welt glich mit ihren von einsamen Kirchen gekrönten Hügeln, mit ihren öden Feldern, mit den Trümmermassen von Alt- und Neu-Rom und den zerstreuten Straßenklumpen einer weiten Landschaft von Ebenen und Höhen, welcher nur die alten Mauern Aurelians Einheit gaben. Rom stellte damals zwei Weltepochen in Ruinen neben- und untereinander dar; das heidnische Altertum und das christliche Mittelalter. Es gibt kaum einen größeren Reiz für die Einbildungskraft als diesen, Rom in drei Perioden sehen zu können: in der Zeit des höchsten Glanzes unter Hadrian, in der mittleren Epoche Karls des Großen und im tiefsten Zerfall am Ende des XIV. Jahrhunderts.

Die Stadt umfaßte damals dreizehn Regionen, nachdem im Beginne des XIV. Jahrhunderts die Trennung Trasteveres und der Insel von der urbs romana aufgehoben worden war. Ihre Namen erscheinen amtlich zuerst am Ende des XIV. Säkulum, und zwar schon in der heutigen Reihenfolge: I. Regio Montium. II. Trivii (ungewiß, ob aus Trivio entstanden). III. Columnae (von der Säule Antonins). IV. Campimartis. V. Pontis (von der Engelsbrücke). VI. Parionis (von den Ruinen des Pompejustheaters). VII. Arenulae (Regola, vom Sandufer des Flusses). VIII. S. Eustachii. IX. Pinea (von einer Pinie oder einem Pinienapfel). X. Campitelli (vom Kapitol). XI. S. Angeli (von der Kirche dieses Namens). XII. Ripae (vom Tiberufer). XIII. Transtiberis. Die antike Regioneneinteilung war samt ihren Namen allmählich und seit langem verschwunden infolge der veränderten Straßen und Quartiere. Das mittelalterliche Rom hatte in früherer Zeit X Regionen gehabt. Als die Stadt wieder volkreicher wurde, wuchsen sie auf XII diesseits des Tibers, wozu dann Trastevere als die XIII. kam. Es ist kaum zu bezweifeln, daß diese neue Einteilung nach dem Jahre 1143 gemacht wurde. Endlich stellten sich im Laufe des XIII. Jahrhunderts die noch heute dauernden Regionennamen fest.

Jede Region hatte einen Kapitän (Caporione), der in ihr Gerichtsbarkeit besaß, und alle Caporioni wählten einen Prior als ihren Vorstand. Jede besaß ihr Banner, und auch die Wappenzeichen entstanden wohl schon vor dem XIII. Jahrhundert. Die I. Region führt noch heute drei grüne Berge im weißen Feld; die II. drei Schwerter in Rot; die III. die Säule in Rot; die IV. den Halbmond in Blau; die V. die betürmte Brücke in Rot; die VI. einen roten Greif in Weiß; die VII. einen weißen Hirsch in Blau; die VIII. das Bild Christi zwischen dem Hirschgeweih in Rot, nach der Legende des St. Eustachius; die IX. einen Pinienapfel in Rot; die X. einen schwarzen Drachenkopf in Weiß; die XI. einen Engel in Weiß (das ältere Wappen war ein weißer Fisch in Blau); die XII. ein Rad im roten Feld (das Symbol der Via Appia); die XIII. einen Löwenkopf im roten Feld.

Von diesen Vierteln waren im XIV. Jahrhundert die am meisten bevölkerten: Ponte, Parione, Pinea und Trastevere.

Jede Region umfaßte mehrere Straßen ( contrata, via, viculus) und Plätze ( platea, piazza, bisweilen campus, wenn sehr groß und feldartig). Für ihre Erhaltung sorgten schon im XIII. Jahrhundert magistri hedificiorum et viarum Almae urbis, eine Behörde, die an die alten Aedilen erinnerte. Man sah in Rom kaum ein anderes als noch antikes Straßenpflaster, aber wenige Straßen liefen noch in der alten Richtung fort, wie die Subura, Caput Africae, die Merulana, die Via Lata, die Via in Silice, die Ascensa, der Clivus Scauri, Magnanapoli. Ihre Namen waren von Monumenten, Geschlechtern, Türmen, Kirchen, Zünften und anderen lokalen Eigenheiten hergenommen. Man kann sich diese Straßen nicht regellos genug denken. Sie wurden durch Schutt, Sümpfe und Ackerland unterbrochen.

Die römischen Häuser jener Zeit bestanden durchweg aus Ziegelstein; doch hatten sie viele Holzverschläge, wie man sie noch heute in Trastevere sieht. Ihre Balkone, Logen und Vorhallen verengten die winkligen Gassen noch mehr. Das Untergeschoß ansehnlicher Häuser war von römischen Bogen gebildet, welche auf Säulen ruhten. Man nahm diese von antiken Monumenten; man verkürzte die prachtvollsten Marmor- oder Granitsäulen, um sie dem Hause anzupassen. Rom war die säulenreichste aller Städte überhaupt. Im XIII. und XIV. Jahrhundert und noch viel früher glichen die Straßen Roms mit ihren Säulenhallen denen des heutigen Bologna. Noch jetzt kann man sich hie und da von dieser Bauart einen deutlichen Begriff machen, am besten in der Regola, einem der altertümlichsten Viertel der Stadt überhaupt. Die Säulen, welche man dort in vielen Häusern eingemauert findet, stammen vom Theater des Balbus, dessen Material jene Gegend versorgte. So versorgten das Marcellustheater, der Circus Flaminius, das Pompejustheater, die Halle der Octavia und andere große Monumente ihre Umgebung mit Steinen und Säulen, wie man noch heute an vielen Häusern erkennen kann. Die Gotik brachte zu dem römischen Säulenhaus im Rundbogenstil einige fremdartige Ornamente hinzu; und diese beschränkten sich auf die meist mit schwarzem Peperin eingefaßten Fenster. Solche halbgotischen Fenster waren im XIV. Jahrhundert überall gebräuchlich. Noch heute sind deren mehrere erhalten.

Wie groß die Einwohnerzahl der Stadt in jener Epoche war, ist ungewiß. Die Meinung, daß sie zur Zeit Gregors XI. nur 17 000 Seelen betragen habe, muß als ganz unbegründet abgewiesen werden. Doch auch Petrarcas Bemerkung, daß Rom wegen des großen Umfanges leer erscheine, aber eine »unermeßliche« Bevölkerung enthalte, ist übertrieben. Wenn es statistisch feststeht, daß die Stadt erst am Anfange des XVI. Säkulum 85 000 und erst im Jahre 1663 105 433 Einwohner zählte, wie darf man glauben, daß sie in der Zeit ihres tiefsten Verfalles bevölkerter gewesen sei?

Dieselbe Dunkelheit herrscht über die Verhältnisse der Campagna. Der Ager Romanus war damals so tief verödet, wie er es heute ist. Hirten stiegen bereits im Winter aus den Abruzzen mit ihren Schafherden in die Gefilde Roms, um sie hier überwintern zu lassen, wie am heutigen Tag. Dies beweist, daß der Ackerbau daselbst großenteils verschwunden war.


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