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486. Collerstu?

Vgl. Wa II 1464 Koller 4 Er hat den Koller: »Wirrsinn, Jähzorn«. Agricola 650 Der vatter ist abermals kollern worden. Kollern wirt vom Griechischen wort Cholera kommen, das da heyst wallend vnd vber hitzig geblüt, daruon den phrenesis, apostema des gehyrns, vnd andere wansynnigkeyt von kumpt. –

NS Vorrede V. 77
und wan man coleram anzeigt,
so würt die gall gar oft beweigt.

Wiederholt begegnet uns der Ausdruck in den Simplicianischen Schriften z. B. I 202, 31; 225, 28; II 280, 16.

Luther braucht das Verbum EA 32,154 Dieser kollert so fein, dasz ich nicht weisz, ob er auf dem Häupt oder auf den Ohren gehen will. 1. Sam. 21,13 David verstellet sein geberde fur jnen und kollert unter jren henden, wo jetzt die revidierte Bibel ›tobte‹ hat. DWb 5, 1617 erklärt den Ausdruck dort: »thut so närrisch«, findet aber 1. Sam. 21 einen Anklang an kollern = rollen, wälzen. Mit der Beziehung auf die Wuthkrankheit der Pferde: EA 39, 297 Ein Fürst und Herr . . reitet grosse, teure Hengste, die wollen des besten Futters voll sticken,.. zuletzt, wenn sie die Laun und das Kollern ankompt, den Herrn aufs Pflaster legen, dasz Land und Leute an ihm zu laben und zu kühlen haben; 39,336 Nu, es gehet wie es gehen soll, ohn dasz auf dem rechten Wege nichts bleiben will, es will entweder hotte oder schwode hinaus, wie die kollern und tollern Gäule thun.

*

Am Ende der Seite unter dieser Ra stehen zwei lateinische Zeilen, die jedoch mit ihr nicht in Verbindung zu stehen und eher zu Nr. 484 f. zu gehören scheinen. Sie lauten: Satan laruam induit sicut homines. Deus abscondit faciem. Ihre Beziehung zu einander und zu den bezeichneten Ra ist aber nicht ganz klar.

Ich würde sie etwa so verstehen: Gott verbirgt sein Antlitz, vgl. 2. Mos. 33,20, weil seinen Anblick die Menschen nicht ertragen können. Der Teufel dagegen legt eine Larve an wie Menschen thun, um andere zu necken, zu erschrecken ober zu betrügen. Er zeigt also so wenig wie Gott sein wahres Angesicht, aber er hat dabei keinen andern Zweck als die Menschen zu betrügen. Unter dieser Larve reitet er die Menschen ober ist ihnen in den Haaren. Von den Larven oder Verstellungskünsten des Teufels weiß Luther sonst viel zu reden. Vgl. z. B. Uhland, Volksl. (Nr. 351) S. 921

V. 5
sie dankten irem vater gott
dasz sie los solten werden
des teufels larven spiel und spot
darin durch falsche berden
die welt er gar betreuget.

Tischreden, Aurifaber 1566, Bl. 294 a Der Teufel füret zweierley Formen, Gestalten oder Larven, darin er sich verkleidet oder vermummet . . eine Schlange . . oder ein Schaf. Er verwandelt sich auch in einen schönen, weißen Engel (Tischreden, Frankf. 1571, Bl. 96 a; EA 38, 432 siehe unter Nr. 484) oder in schreiende Kinder, Kilkröpfe und Wechselbälge (Weim. Ausg. I 409 ff.).

Dem allgemeinen Volksglauben entspricht es aber mehr, daß der Teufel in der gewöhnlichen Menschengestalt erscheint, wofür die Volksmärchen und Sagen zahlreiche Belege bieten. Sollte Luther hierauf haben anspielen wollen, müßte man freilich eine Ungenauigkeit des lateinischen Ausdrucks annehmen und verstehen: Der Teufel legt eine Larve an, so daß er aussieht wie die Menschen.

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