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273. Wasser vber den korb geben

Zu dieser Ra vgl. ZfdPH. 26, 36. Weim. Ausg. VII 276 Anm. und Nachträge dazu 891. Die dort versuchten Erklärungen werden erledigt durch DWb 5,2322 Krippe II 1 aδ, wo nachträglich zu Spalte 1804 bemerkt wird: »Der Beleg, daß solches Geflecht [zum Schutz von Dämmen] wirklich auch Körbe hieß: alle körbe und wer, di man dem mülgraben zu hulfe gibt und wirft, die sol man under dem uver also tif senken, daz kein höge davon wachse über das recht wer. inwendic enschol man auch keinerleige vestenunge tun mit körben noch mit weren, damit man dem uver jensit ... icht schaden möchte zuzihen. Orttoff, Rechtsqu. 1, 287.« – Die Vermuthung von Hildebrandt, DWb 5, 1803f. zu Korb, war also richtig und damit der Sinn der Ra von höchster Gefahr, bei welcher das Wasser die Dämme und das zu ihrem Schutze oder ihrer Erhöhung angebrachte Flechtwerk überfluthet, richtig erklärt. ZfdPh 27, 56.

Die Stellen bei Luther sind folgende: EA 12, 335 Wenn Christus gar verloren gefühlt wird, dasz man doch das Wort Christi halte, als an einem Stecken oder Bret, dasz man nicht versinke in den Nöthen, so die Flut über Korbe, Pferd und Wagen gehen will, bis wir wieder eraus kommen. Weim. Ausg. VII 276, 15 (EA 27, 212) die weyll das wasser will über die körbe geben und untugent mit untuchtigen untergehen, gibstu fur, den stant zuretten. EA 50,289 Auf der andern Seiten, so wider uns ist, sind so viel Biscboffe, Fürsten und der Teufel selbs, dasz sichs nicht anders ansehen lässet, denn das Wasser werde uber die Körbe gehen. Preger 471 Fides, crux, das thuts, quia fides non potest consistere sine cruce, sondern wenn einem das wasser vber die korbe gebt, so sieht man, quid possit fides et quid sit. – Stellen aus andern Schriftstellern: Melanchthon, Jen. Ausg. 3,129 b (Historia Thome Münzers) Da Thomas ausgeredt hatte, war der mehrer teil entsetzt, weren gern dauon gewesen und sahen wol, das das wasser vber die Körbe gehen wolt. Seidemann, Thomas Münzer S. 153 Mitglieder des bauernstandes haben sich den Bart abscheren lassen, weyl das wasser über die Körbe wolt geen. Nach DWb: Keisersberg, Post. 52 b Wann ein Rad über ein Bein gat oder das wasser über die kürb, so wird man witzig. Schade, Sat. u. Pasqu. III 110 sie wissen auch nit, wenn in [ihnen] das Wasser über die kürb steigt. Hamelmann, Oldenb. Chron. 73 er merkte wol, dasz es ausreissen und das wasser über die körbe gehen wolte. – Froschmeuseler LI 8 b

Ja, da er kein land kont mehr sehen,
unds wasser ubr die körb wolt gehen.

Waldis, Esop 2, 74, 20

Wenn unser nechster in nöten steht,
das wasser über dkörble geht.

Fuchs, Mückenkr. 3, 372

Den hewschrecken und erbeiswurm
giengs wasser gar über die kurm.

Norddeutsch wird die Ra verallgemeinert zu der Bedeutung = das ist zu toll, geht über das Bohnenlied, die Hutschnur. Thüringisch sagt man in gleichem Sinne: das mählt ober mihlt mir über die Körbe. Vgl. Weim. Ausg. VII 891 Anm. zu S. 276.

Die Ra Brem. Wbch 2, 853 het geit em aver de korve = er leidet not, hat aber einen andern Ursprung, wenn sie auch sehr ähnlich klingt und von DWb hierher gezogen wird. Vgl, Wa IV 1799 Wasser 6 Als 't Water ower de Korven gaet, so sall men 't Schipp osen [= schöpfen]. Ebenda, Anm. zu 468 Wans wasser vber die körbe gath, ists zeit, dasz man auszschöpff mit rathe. Holl.: Alst water over die corven gaet, sal ment schip osen. – Hieraus ist ersichtlich, daß Korven, Körbe Theile des Schiffes sein müssen. Den genauen Nachweis hierfür verdanke ich meinem inzwischen verstorbenen Freunde Dr. E. Duderstadt, weiland Assistenten an der deutschen Seewarte in Hamburg. Nach dem Allgem. Wörterbuch der Marine in allen deutschen Seesprachen, von I. H. Röding, Hamburg und Halle [o. J., etwa 1793] S. 904 und dem Allgem. Nautischen Wörterbuch von Dr. E. Bobrik, Leipzig 1850 S. 423 sind Korven die Bauchstücke oder gekrümmten Theile der Spanten oder Rippen kleinerer Fahrzeuge, auf welchen das Bodengarnier aufliegt. Wenn übergeschlagenes oder durch die Ritzen eingedrungenes Wasser über die Korven, also bis nahe an den Bodenbelag des Fahrzeuges steigt, muß geschöpft oder geöst werden, sonst ist Gefahr des Kenterns vorhanden. – Das Wort Korven (vielleicht von frz. courbe?) ist nicht mehr im seemännischen Gebrauch. Es ist auch offenbar öfter von Sprichwortsammlern nicht verstanden worden und daraus sind folgende unsinnige Sprw. hervorgegangen: Wa IV 1815 Wasser 364 Wenn das Wasser vber desz Schiffs bort geht, so ists Zeit, dasz man ausschöpfet (Lehmann II 826, 19). 467 Wenn das Wasser über die Körbe geht, soll man das Schiff lösen (Simrock 11234). 468 Wenn das Wasser vber desz Schiffs Bord geht, so ists Zeit, das man auszschöpffet (Heinsch 454, 11. Petri II 632). 606 Das Wasser steigt ihm über die Kerbe (Luthers Tischr. Leipz. 1577 fol. 157 b; Fromann VI 74). In diesem Citat ist nach Aurifaber, Tischr. 1566 fol. 189 b und Preger Nr. 471 zu verstehen Kerbe [=] Körbe.

Ich setze noch einige sinnverwandte oder anklingende Stellen aus Luther hierher. Heuseler 293 (der Prediger Salomo ausgelegt, Kap. 7) Gehet dir das Wasser ins Maul, so lernst du schwimmen. DeW V 28 Dann er weisz seiner Kirchen verordneten Lauf, nämlich, dasz derselbigen Wage und auch die Pferde im Schlamm grosser Wasser gehen, und doch behält der Wag den Sieg, wie dann Habakuk der Profet [3,8] anzeigt. EA 35, 268 f. Es musz zuvor alles zu Trümmern gehen ... und das Wasser musz über Berge und Thal gehen, ehe denn sie von den Ägyptern erlöset werden. 36, 355 Wenn wir in Nöten sind .. da machen wir denn die Rechnung, dasz das Wasser gar zu grosz sei und unsere Kräfte zu gering und messen das alles gegen unsern Kräften. EA 44, 257 die Thränen der Witwen und Waisen, das sind die rechten Wasser, die über die Berge geben, wie im Sprichwort ist.

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